"Kultur macht glücklich"


Matthew Rankin – „Universal Language“ 

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Matthew Rankin – „Universal Language“ 

©Rapid Eye Movies

Es ist Winter im kanadischen Winnipeg. Zwischen den Fluchten der nüchternen Hochbauten breitet sich trotz der Weite der Landschaft die beengende Monotonie…

des modernden Lebens aus. Klein und unbedeutsam erscheinen die Menschen, die gegen die Unbill ihres Schicksals kämpfen. Die Regierung verlangt, dass nichts Negatives mehr gesagt werden darf, umso ironischer wirkt der Apothekenslogan „Das Leben ist lebenswert.“

In dieser Polarität führt Mattew Rankin seine Protagonisten mit iranischen Wurzeln aus verschiedenen Perspektiven und Lebenslagen unter dem Aspekt „Wir sind immer verloren in dieser Welt“ zusammen und beweist damit gleichzeitig das Gegenteil. 

Ohne große Dialoge erzählt Rankin seine Geschichte mitmenschlicher Wärme in der „Universal Language“ von Symbolen, wodurch sich aus Gegenwart und Vergangenheit, nicht nacheinander oder parallel surreale Szenerien ergeben, die sich erst final zusammenfügen und sich ins Gedächtnis einprägen, weil sie die Probleme unserer Zeit auf eine ganz originär skurrile Weise spiegeln.  

Die Grundschüler Negin und Nazgol finden im Eis gefrorenes Geld, womit sie einer Schulfreundin, deren Brille zerbrach, eine neue kaufen wollen. Das ist für sie wie ein weihnachtliches Wunder, das ihnen aber von einem Erwachsenen vorenthalten wird, wie der Weihnachtsbaum, den ein Mann immer wieder an ihnen vorbeiträgt oder der herumspazierende Truthahn. Dessen Züchter mit dem Cowboyhut ist später untröstlich über den Tod seines mit dem Schönheitspreis ausgezeichneten Truthahns. Angesichts der Beziehung zu seinem Lieblingstier verliert das kapitalistische Denken seine Bedeutung. 

Parallel gibt  Matthew seinen unbefriedigenden Job in Quebec auf, um seine Mutter zu besuchen. Im Bus trifft er einen Mann, der das Grab seiner großen Liebe besuchen will. Zu Fuß am Kühlhaus in Winnipeg vorbei erklingt ein persisches Lied und legt die Spur Richtung Teheran, die immer wieder aufleuchtet, wenn Massoud, den pinkfarbenen Ohrenschützern vor dem lauten Verkehrslärm schützen, Touristen die Denk- und Grabmäler zwischen Hauptverkehrsachsen zeigt.

Matthew lernt Massoud bei seiner Mutter kennen, wo er wegen seiner Freundlichkeit die Rolle des Sohnes übernommen hat. Nun fühlt er sich überflüssig, doch er kann bleiben. Iranische Fürsorge und Gastfreundschaft wiegen mehr als die Plakatwerbung „Eine starke Wirtschaft verhindert Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung“. Sie wird durch einen Koffer kariert, der bei der Bushaltestelle vor Jahrzehnten vergessen, plötzlich verschwunden ist. Der Truthahn, Motiv des Filmplakats, final mit einer Trophäe am Fuß, die an dieser Stelle nicht verraten wird, signalisiert konträr dazu die Botschaft einer universalen Humanität und die Liebe zu dem, was man liebt. „Wenn du neben dieser (einer geschenkten) Blume sitzst, ist immer Frühling.“

„National Language“ ist ein überaus subtiler, sehr melancholischer Film, in dem jedes Detail von Bedeutung ist, eine Entdeckungsreise zum Urgrund menschlicher Beziehung, wie sie derzeit von ganz verschiedenen Filmemachern umgesetzt wird.

Zweimal wurde „Universal Language“ 2024 ausgezeichnet, mit dem Publikumspreis der Quinzaine des Cinéastes und dem Arthouse Cinema Award beim Filmfest Hamburg. Er steht auf der Shortlist der Academy Awards 2025. Ab heute ist „Universal Language“ in den deutschen Kinos zu sehen. 

Künstlerisches Team: Matthew Rankin (Drehbuch, Regie), Pirouz Nemati, Ila Firouzabadi (Drehbuch), Amir Amiri Komponist, Christophe Lamarche-Ledoux (Konponist), Isabelle Stachtchenko (Chef-Kameramann), Louisa Schabas (Künstlerische Leitung), Xi Feng (Chef-Cutter)

Mit: Matthew Rankin, Pirouz Nemati, Ila Firouzabadi, Mani Souleymalou, Rojina Esmaeili, Saba Vahedyousefi