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Eileen Byrne „Marianengraben“ – Trauerarbeit als Roadmovie

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Eileen Byrne „Marianengraben“ – Trauerarbeit als Roadmovie

©Alamode Filmverleih, 2024

Paula, eine junge Frau, fühlt sich verantwortlich für den Tod ihres kleinen Bruders. Der alte Helmut kommt über den Tod seiner Frau nicht hinweg. Beide lernen sich nachts im Friedhof kennen. Sie hilft ihm die Urne aus dem Grab zu schaufeln und fordert im Gegenzug, dass er sie in seinem Wohnmobil nach Italien mitnimmt. Trotz der konstruierten Geschichte entwickelt sich ein berührendes Roadmovie…

2018 zeigte Eileen Byrne mit ihrem HFF-Abschlussfilm „Was bleibt“ ihr filmisches Talent. Jetzt startet sie mit „Marianengraben“ ihr Langzeitdebüt nach Jasmin Schneiders gleichnamigem Bestseller. 

Zunächst wirken Paula und Helmut sehr schrullig. Fragen sind nicht erlaubt. „Das geht sie nichts an.“ Über Paulas eingespieltes Trauma weiß man als ZuschauerIn mehr als Helmut. In Gedanken taucht sie immer wieder ab, um ihren Bruder zu suchen, der in der Adria bei Triest in den Fluten verschwunden ist. Weil sie ihm das Tauchen beigebracht hat, fühlt sie sich schuldig. Immer wieder ist das Gurgeln des Wassers zu hören. Ihr linkes Handgelenk ist eingebunden. Die juckende Wunde darunter wird die Wasserszene  zum Leitmotiv, weil sie heilt. „Das Messer war zu stumpf für einen Selbstmord.“ Das sagt Helmut aber erst, als sie sich besser kennen. Zunächst prallen zwei Sturköpfe aufeinander, die nur auf das eigene Leid fixiert sind. Von Rastplatz zu Rastplatz lernen sie sich besser kennen. Sie studiert Meeresbiologie und beeindruckt ihn mit ihrem Wissen, er sie durch seine Liebe zu seiner verstorbenen Frau. Bei einem Joint taut er auf und sie tanzt. Ohne viele Worte, mehr durch Blicke und Beobachtung beginnen sie sich gegenseitig in ihrer Trauer zu begreifen. On the road mit Blick nach vorne, aus der Vogelperspektive gefilmt wie zwei Urlauber fahren sie ihrer Zukunft entgegen, die sich zunächst ganz anders gestaltet als erwartet, aber früh ahnbar wird.

Auch wenn die Geschichte durch die musikalische Untermalung inklusive Euridice-Arie die Geschichte zuweilen nah am Kitsch entlang manövriert, gelingt durch das subtile und facettenreiche Spiel von Luna Wedler und Edgar Selge eine sehr authentische Annäherung zweier Individualisten, die gerade in den skurrilen Szenen ihre Seelenverwandtschaft entdecken. Leichenklau verliert seine Schrecken. Man will schließlich die Liebsten doch um sich haben. 

Paula staunt jemanden getroffen zu haben, der dieselbe trauernde Sprache spricht nur in einem anderen Dialekt. Das verbindet wie der gemeinsame Blick in die Natur und die gegenseitige menschliche Hilfe. Beider Stimmen und Blicke werden sanfter. Das Sie weicht dem Du und „weil man das Leben gerade nicht aushalten kann, heißt das ja nicht, dass man sich umbringen muss.“ Das ist die eigentliche Botschaft des  Films und damit ein überzeugender Beitrag zur Trauerarbeit. Es ist ein Film, der die ZuschauerInnen mit Optimismus entlässt. 

Künstlerisches Team: Eileen Byrne (Drehbuch, Regie) 

Mit: Luna Wedler (Paula), Edgar Selge (Helmut), William Vonnemann (Tim, Paulas Bruder) 

„Marianengraben“ ist ab 7. November in den deutschen Kinos zu sehen.