©Floating Light (Foshan) Film and Culture
China im Wandel zeigen die beiden Filme, die bei der diesjährige Berlinale 2025 präsentiert wurden. Es sind unpolitische Filme, die um Familiengeschichten kreisen, in denen sich die gesellschaftlichen Veränderungen abzeichnen. Die verschütteten Knochen eines Erschossenen…
werden achtsam ausgegraben samt den Schusspatronen in einem Sarg zum Skelett zusammengefügt und würdevoll beerdigt. So beginnt „Living the Land“. Die 10 Jahre alte Chuang lebt im Dorf der Großeltern, weil die Eltern als industrielle Wanderarbeiter keine Zeit für sie haben. Aus ihrer Perspektive erlebt man die Probleme des Dorfes, die Armut der Menschen in der traditionellen Landwirtschaft, Blutspenden als zusätzliche Einkommensquelle, die Tricksereien mehr Geld für die Ernte zu bekommen, die sozialen Rituale zwischen Heirat und Beerdigung, die Grausamkeit gegenüber einem behinderten Jungen, der nur Last ist. Veränderungen künden sich an, Traktoren lösen die Büffel ab. Ölbohrungen zerstören die Felder. Die Urne mit der Asche der Großmutter fällt zu Boden und zerbricht, ein berührendes Symbol für den Wandel Chinas Anfang der 1990er Jahre.
Über ein Jahr wurde gefilmt, um die Atmosphäre durch die verschiedenen Jahreszeiten einzufangen. Durch Kamerafahrten, lange Einstellungen und komplexe Tableaus gelingen wehmütig emotionale Szenarien, in der der Mensch sehr klein und unbedeutsam wirkt. Ohne große Dialoge, durch fast dokumentarische Bildsequenzen werden das Leben einer Familie im Dorf und der Zusammenhalt im Dorf, der Voraussetzung ist um zu überleben, sehr authentisch eingefangen. Interessant ist der Blick auf die Frauen. Sie haben sehr große psychische und physische Belastungen auszuhalten. Wenn final Bauern auf einen LKW klettern, um in der Stadt zu arbeiten, wird die Zeitenwende deutlich.
Künstlerisches Team: Huo Meng (Drehbuch, Regie), Guo Daming (Kamera), Li Tao (Sound), Wan Jianguo (Komposition)
Mit: Wang Shang, Zhang Yanrong, Zhang Chuwen in den Hauptrollen
Vivian Qus „Girls on Wire“, ein spannender Action-Film, zielt direkt in die Zukunft. Er nimmt vorweg, welche gesellschaftlichen Problemen nach westlichen Muster auch in China zu erwarten sind. Der traditionelle Familienverband wird zur verhängnisvollen Ursache des Untergangs. Ein drogensüchtiger Vater ruiniert nicht nur die Fabrik seiner Schwester, sondern auch das Leben seiner Tochter und seiner Nichte, die wie Schwestern aufwachsen. Sie rackern sich ab, um die Schulden des Vaters bzw. Onkels zu bezahlen.
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©L’Avventura Films
Fang Di arbeitet als Stuntfrau in Chinas größtem Filmstudios, Tian Tian gerät in die Hände der Drogenbosse, wird gegen ihren Willen durch Drogenspritzen gefügig gemacht. Als sie ein Kind bekommt, kümmert sich Tian Tian um sie. Lang Li will nicht abtreiben, durch ihr Kind die Fehler ihres eigenen Lebens wieder gutmachen. Beider Leben mutiert zum Horrorszenario. Bis zur völligen Erschöpfung muss TianTian Kung-Fu Szenen vor der Kamera wiederholen, wobei die Filmindustrie sich als gnadenloser Arbeitergeber enthüllt. Wer nicht spurt, verliert seinen Job. Nie sind die beiden jungen Frauen vor den Drogenbossen sicher. Die Idylle der Großfamilie existiert nur noch in den Erinnerungen. Unter der Regie von Vivian Qu entwickeln sich beide Protagonistinnen zu charismatischen Frauen, die ihren Weg gehen. Sie wirken zerbrechlich und sich doch unheimlich stark, aber ein großer tätowierter Rabe, Symbol für das Unglück, auf dem Unterarm Lang Lis, zeigt, wohin die Reise geht. Ein Thriller ins Unglück, vor dem die Erinnerungssequenz an Fang Lis Geburt trotz Sonnenlicht-Farben nur noch ein trauriges Remake ist.
Künstlerisches Team: Vivian Qu (Drehbuch, Regie), Wen Zi (Musik), Yang Jiang, Zhao Nan (Sound), Liu Mingzhe (Action Choreografie), Chi-Ming Wong (Licht), Yang Hongyu (Schnitt)
Mit: Liu Haocum (Tian Tian) und Wen Qi (Fang Di) in den Hauptrollen