©Alexander Griesser
Eine Ohrfeige, eine Kopfwendung in Zeitlupe, ganz nah gezoomt. Schnitt. Abrupt erfolgt der Wechsel in den nüchternen Aufenthaltsraum eines Büros. Ein Mann und eine Frau flirten, sehnen sich…
gelangweilt von ihren Ehepartnern nach einen anderen Geruch, Geschmack, ungewohnten Sex. Julias Mann bekommt seinen Cover-Vorschlag wegen eines kritischen Kollegen nicht durch. Tochter Marielle wirkt verstört und schweigsam nach der Schule. Kein Wunder, oder vielmehr doch ein Wunder. Seit der Ohrfeige von ihrer Freundin hat Marielle die telepathische Fähigkeit, alles, was ihre Eltern sagen, zu hören. Was tun, wenn das Kind alles mithört, alle großen und kleinen Lügen der Eltern aufgedeckt werden, sie zunächst alles leugnen, dann versuchen, alles ins rechte Lot zu bringen? Hinter den glatten Oberflächen des Luxushauses beginnt der familiäre Zusammenhalt zu bröckeln.
Inspiriert von den heutigen medialen Überwachungsmethoden der Kinder schrieb Frédérik Hambalek für „Was Marielle weiß“ aus der Perspektive eines jungen Mädchens, wobei ihr für die Umsetzung dieser existentiellen Wahrheitsthematik telepathische Fähigkeiten adäquater erschienen als IT-Überwachung. Es ist ein ganz intimer Film, in dem sich dennoch zwei große Problemebenen eröffnen, zum einen der Balanceakt zwischen Ehrlichkeit und Lüge, den erzählten geschönten Fassaden und den Realitäten dahinter, zum anderen die extreme Belastung keinerlei persönlichen Freiraum mehr zu haben, dem anderen wie in einem totalitären Staat ganz und gar ausgeliefert zu sein. Austicken oder Verhaltungsänderung?
In kreativer Kooperation mit den drei HauptdarstellerInnen gelingt Hambalek ein ausgesprochen heiterer Film voller Sprach- und Szenenwitz, in dem ständig traurige Aspekte aufleuchteten. In den Gesichtern spiegeln sich die Achterbahn der Emotionen. Das der 13-jährigen Marielle ganz nah gezoomt wird zum Stimmungsbarometer zwischen Traurigkeit und Freude, intensiviert durch den Violinensound und die Lichtstimmungen ihrer Aura vor dem Horizont.
„Was Marielle weiß“ ist nach „Modell Olimpia“ (2020) der zweite Spielfilm von Frédérik Hambalek.
Künstlerisches Team: Frédérik Hambalek (Drehbuch, Regie), Alexander Griesser (Kamera), Anne Fabini (Schnitt), Steffen Pfauth (Sound)
Mit: Julia Jentsch, Felix Kramer, Laeni Geiseler in den Hauptrollen