©Dok.fest München 2025, Kick-Film GmbH
„Ich war ein seltsames Kind“, lacht Sir Simon Rattle, „ich hörte überall Musik“. Die Musikbibliothek in Liverpool wurde…
sein Spielplatz. Musik wurde ihm zur Lebensaufgabe. Als er mit 12 Jahren Mahlers 2. Sinfonie hörte, dirigiert von James Hurst, wusste er, was er werden wollte, ein Vermittler dieser orchestralen Kraft. Mit 17 Jahren stand er bereits auf dem Dirigentenpult und erkannte, dass es ein schwieriges Handwerk war. „Eine Partitur muss man sich erarbeiten“, um die Tiefe des Werks hörbar machen, ohne selbst einen Klang zu produzieren.
Filmregisseur Benedikt Schulte aus München hat sich auf dokumentarische Musikfilme spezialisiert. Nach „Sir Simon Rattle und die Gurre-Lieder – Hinter den den Kulissen der Isarphilharmonie“ für den BR 2024 präsentiert er jetzt auf dem Dok.fest München „Simon! – Vom Glück des Dirigierens“, den er 2024 für Arte filmte. Er begleitet Rattle bei den Proben und Konzerten in London, Berlin und München, wie er nach der richtigen Klangfarbe mit den Musikern forscht, die Dynamik auslotet, schließlich ganz verinnerlicht dirigiert und selig lächelt, wenn alles so klingt, wie er sich das vorstellt.
Biografische Eckpunkte fließen am Rande ein. Mit 25 Jahren war Rattle der jüngste Chef des Birmingham Symphonieorchesters, bekannt wie ein Popstar. Egal wohin er später ging, er bereicherte immer das Leben seines Umfeldes, weil er nicht nur die Musik liebt, sondern auch die Menschen. Für ihn ist nicht die Virtuosität entscheidend, sondern der harmonische Umgang miteinander, denn daraus zieht er Freude und Energie.
MusikerInnen und SängerInnen begegnet er auf Augenhöhe. Er ermutigt junge DirigentInnen. „Enjoy it! Vertraut auf euer Gefühl“. Talenten gibt er eine Chance, so wie er von seinem Lehrer, dem berühmten britischen Komponisten John Carewe gefördert wurde. Immer wieder wird der ehemalige Mentor eingeblendet, wie er Rattles Musik genießt und begeistert von seinem ehemaligen Schüler erzählt. Der US-amerikanische Regisseur Peter Sellars, die tschechische Mezzosopranistin Magdalena Kočena, und die US-amerikanische Dirigentin Karina Canellakis schwärmen von der Zusammenarbeit mit Rattle. „Es ist ein Traum mit ihm zu arbeiten“, so die englische Pianistin Imogen Cooper.
Szenen mit Thomas Adés, einem zeitgenössischen Komponisten, zeigen, wie Rattle über drei Generationen hinweg herzliche Kontakte pflegt und ohne große Ratschläge, aber mit viel Empathie und Humor Partituren in Hörerlebnisse umsetzt. Mit „Mehr Kaugummi!“, sprich mit so viel Legato, macht er in einer Szene den MusikerInnen sinnlich begreiflich, wie sie den Klang intensivieren können. Rattle staunt über die Töne aus dem Orchestergraben und dieses Staunen überträgt sich auf das Publikum.
Seit 2023/24 neuer Chefdirigent des Chors und Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks endet das überaus sympathische Künslter-Porträt mit einem Ausschnitt von Mahlers Gurreliedern in der Isarphilharmonie mit Fokus auf das verinnerlicht strahlende Gesicht Rattles, das leider nicht als Pressefoto zur Verfügung steht.
„Simon! Vom Glück des Dirigierens “ ist eine wunderbare Hommage, die über das Wesen dieser Ausnahmepersönlichkeit hinaus verdeutlicht, worauf es bei einem gelungenen Dirigat ankommt.
Künstlerisches Team: Benedikt Schulte (Drehbuch, Regie), Daniel Assmann (Kamera), Ivo Wellmann (Sound), Eva Hartmann (Schnitt)
Mit: Sir Simon Rattle, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks u.a.