©Filmwelt Verleihagentur
Auf Anne-Sophie Mutters Wunsch hin beginnt das Porträt beim Wandern in den Kitzbüheler Alpen und ihr alter Dackel muss natürlich dabei sein. Flott, lachend, unbeschwert marschiert sie bergauf, ein, wie sich immer mehr herausstellt, Symbol für ihre Karriere. Aus einem Puzzle von Archivfilmen, Gesprächen, Wandersequenzen und Erzählpassagen im Dirndl vor Alpenpanorama wird ihre Entwicklung vom introvertierten, etwas pummeligen, doch sehr selbstbewussten und sympathischen Mädchen zum strahlend extrovertierten Weltstar mit heimisch alpiner Bodenhaftung, ganz fern von ihrem Image Ausnahmemusikerin mit eiserner Disziplin nachvollziehbar. „Ich war nie vor Auftritten nervös“, doch im Film wirkt sie immer etwas hippelig, adrenalisiert. Wesentlich authentischer erlebt man sie in den Archivaufnahmen und auf der Bühne.
Mit fünf Jahren bekam Anne-Sophie Mutter ihre erste Geige. Von der Schule wurde sie wegen ihres musikalischen Talents befreit und erhielt Privatunterricht, den die Eltern und Großeltern finanzierten. Mit 13 lud Karajan sie zum Vorspiel ein. Er erkannte ihr „Genie auf der Geige“, ohne es ihr zu sagen. In einem Jahr sollte sie noch einmal vorspielen. Das erste Konzert mit Karajan, Mozarts Konzert in g-Moll wurde für Anne-Sophie Mutter „zum Ritterschlag“ und Beginn ihrer Karriere.
Mit 23 Jahren heiratete sie den Wirtschaftsanwalt Detlev Wunderlich bekam zwei Kinder. Der Mann starb an Krebs. „Erst als Witwe wurde ich zum Mensch.“ Die Prioritäten änderten sich, zuerst die Kinder, dann die Musik. Trotzdem ging sie auf Weltreise. Der Spagat zwischen Karriere und Mutterpflichten klingt aus ihrer Sicht nur kurz an, die Stimmen ihrer Kinder, genauso wie die der Eltern werden kaum hörbar, Vater und Sohn in kurzen Sequenzen sichtbar.
Anne-Sophie Mutter lässt ausschließlich auf sich fokussieren. Sie bestimmt die Gespräche, plaudert viel, lacht noch mehr, ohne viel Privates preiszugeben und Regisseurin Sigrid Faltin stellt kommode, kaum kritische Fragen, eher Fragen zur Imageförderung. Früher war Pippi Langstrumpf das große Vorbild für Anne-Sophie Mutter, heute wäre es Greta Thunberg. Anne-Sophie Mutter lebt inzwischen vegetarisch, mokiert sich über die Plastikverpackungen von Obst, was aber im Bioladen möglich wäre, wie Sigrid Faltin bemerkt. Gefragt nach ihren viele Flugmeilen stellt Anne-Sophie Mutter ihre Förderprogramme für junge Talente gegenüber.
Was sie als Künstlerin ärgert? Wenn nach einem Konzert nur ihre Kleider taxiert werden. Die Optik gehört zum Auftritt. Diese Roben sind eng „wie eine Rüstung“ und geben durchaus Haltung und Sicherheit. Entscheidend ist aber die musikalische Interpretation.
Ansonsten gibt sie kaum etwas preis von ihrem Privatleben. Mit dem amerikanischen Komponisten, Pianisten und Dirigenten André Previn in zweiter Ehe „verheiratet und entheiratet“ ist sie freundschaftlich verbunden. Eine weitere Ehe kommt für sie nicht in Frage, heute muss man nicht mehr verheiratet sein.
Ihre große Liebe gehört der Musik. Das Leben außerhalb der Musik ist „hmm“, was wohl soviel bedeutet wie nicht genug. Die Geige ist für sie wie ein Körperteil, die Geige an der Schulter wie eine Umarmung. Sehr offen spricht Anne-Sophie Mutter von dem ständigen Ringen um die perfekte Interpretation, über die Enttäuschung, wenn ein Lauf nicht wie konzipiert, funktioniert, was natürlich nur sie alleine merkt. „Ich habe künstlerisch noch nicht erreicht, wovon ich träume“, bekennt sie, „den Flow, ganz eins zu sein mit der Musik, sich in ihr aufzulösen“. Am glücklichsten ist sie bei Benefiz-Konzerten, die bereits 10 Prozent aller ihrer Konzerte ausmachen. Und sie liebt Preisverleihungen. Da strahlt sie wie eine Sonne.
Anne-Sophie Mutter ist vielfache Grammy-Gewinnerin, hat neben zahlreichen anderen Preisen und Auszeichnungen ein Bundesverdienstkreuz I. Klasse und zwei Ehrendoktortitel für ihre Leistungen erhalten.
Der Film „Anne-Sophie Mutter – Vivace“ kommt am 28. März in die deutschen Kinos.