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Ali Samadi Ahadi – „Sieben Tage“ – Fliehen oder Bleiben

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Ali Samadi Ahadi – „Sieben Tage“ – Fliehen oder Bleiben

©Little Dream Picture GmbH, 2024

Ein Vater drängt in Hamburg zur Eile beim Kofferpacken. Es soll alles Klappen beim Wiedersehen. Doch Sohn und Tochter sind skeptisch. Wieso?…

Die Antwort erschließt sich erst viel später. Wegen eines Schlaganfalles darf Maryam, eine iranische Menschenrechtsaktivistin und Frauenrechtlerin, nach sechs Jahren Haft sieben Tage lang das Gefängnis verlassen, um ihre Familie zu sehen. Das ist wenig Zeit für eine Flucht, die Maryams Bruder in Absprache mit ihrem Mann vorbereiten ließ. Maryam ist vollkommen überrascht, will sich lieber für ihre Mitgefangenen einsetzen, macht sich aber auf den Weg. Furchtlos folgt sie fremden Männern. Sie steigt in fremde Autos mit unbekanntem Ziel, übernachtet in einer abgelegenen desolaten Räumlichkeit mit anderen Flüchtenden. Als ein Witterungsumschwung die Gruppe zum Warten zwingt, geht sie, um Zeit zu sparen, zuerst mit Führer und Pferd, dann ganz alleine im Schneesturm weiter. Erschöpft erreicht sie den kleinen Ort, wo ihr Mann mit Sohn und Tochter wartet. Die Kinder reagieren mit Vorwürfen, aber Maryam, eine selbstlose Kämpferin, gewinnt schnell ihre Herzen. Zu viert genießt die kleine Familie die Sonne und den Schnee. Doch kaum gefunden und verbunden, kehrt Maryam wieder zurück.

Das klingt nach x-beliebiger Fluchtgeschichte, ist sie aber nicht. Drehbuchautor Mohammad Rasoulof, der 2024 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde und nach Deutschland floh, wandelt die spannende Fluchtgeschichte nur Projektionsfläche für die Repressalien des iranischen Systems, allerdings wesentlich schlichter ohne die originären Sequenzen von Regisseur Ali Samadi Ahadi filmisch umgesetzt, als dies Rasoulof in seinen selbst gedrehten, sehr aufwühlenden Filmen „Doch das Böse gibt es nicht“ (2020) und „Die Saat des heiligen Feigenbaumes“ (2024) gelang. 

Maryam, von Vishka Asayesh mit authentischer Natürlichkeit gespielt, ist die Unterstützung der unterdrückten Frauen im Iran wichtiger als die eigene Familie. Sie möchte gerade ihren Kinder vorleben, wie bedeutsam es ist, sich nicht unterdrücken zu lassen. Erst am Ende bei einem Streit mit ihrem Mann enthüllt Rasoulof seine Botschaft. Gerade die Rollenerwartungen der Männer an die Frau in der Rolle als Ehefrau und Mutter ihr Glück zu finden, nimmt den Frauen die Freiheit. Maryams innerer Kampf berührt, stellt das gesellschaftliche Wohl über das individuelle ohne zu werten. Die Argumente beider Seiten überzeugen. 

Künstlerisches Team: Ali Samadi Ahadi (Regie), Mohammad Rasoulof (Drehbuch), Mathias Neumann (Chef-Kameramann), Andrea Mertens (Chef-Cutterin), All N. Askin (Musik) 

Mit Vishka Asayesh, Majld Bakhtlari, Tanaz Molael, Sam Vafa