"Kultur macht glücklich"


Stephan Thome „Gebrauchsanweisung für Taiwan“

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Stephan Thome „Gebrauchsanweisung für Taiwan“

©Piper-Verlag, 2021

Um Taiwan zu verstehen, muss man die Geschichte des Landes kennen. Die Taiwanesen haben eigene Wurzeln, die von Kolonialmächten ständig unterdrückt wurden, zuerst von europäischen Missionaren, dann während der langen Kolonialzeit von den Japanern, deren Sprache, Kultur und Lebensstil sie übernehmen mussten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beanspruchten die geflüchteten Festlandchinesen unter der Führung von Chiang Kai-shek Taiwan für sich. Es sollte im Vergleich zum kommunistischen China das eigentliche, bessere China werden. Chinesisch wurde zur Landessprache erklärt. Bauwerke, Straßen und Parks benannte man um. Entsprechend formierte sich der Widerstand bis zur Parteigründung „Neue Kraft“ unter einer Frau. 2016 wurde Tsai Ing-wen Präsidentin, wodurch Taiwan als eigenständiges Land global stärker wahrgenommen wurde.

Entlang von Fakten, vor allem von persönlichen Beobachtungen und Erlebnissen beschreibt Stephan Tome, die daraus resultierenden sehr komplexen Strukturen, die Taiwan ausmachen. Man beginnt zu verstehen, warum Baseball in Taiwan zur „nationalen Obsession“ avancierte, warum das Essen für die Taiwanesen so bedeutsam ist, warum man in Taiwan mehreren Religionen nachgehen kann. 

Eingebettet in seine wegen der Covid-Krise nur rein formal vollzogene Hochzeit 2019 bis zum Hochzeitsfest mit 200 Gästen ein Jahr später lässt Stephan Thome seine Taiwan-Impressionen Revue passieren. Nach sachlichen Fragestellungen geordnet, wiederholen sich die historisch bedingten Begründungen, was das Lesen etwas langatmig macht, nicht zuletzt durch die langen Schachtelsätze. 

Stephan Thomes Blick in die Zukunft ist angespannt, auch wenn er davon überzeugt ist, dass der Westen wegen TSMC, dem weltweit größten Halbleiterhersteller, nicht auf ein selbstständiges Taiwan verzichten kann. Er hofft im Ernstfall eines chinesischen Angriffs auf die Unterstützung der USA.

Stephan Thome, 1972 im hessischen Biedenkopf geboren, studierte Philosophie, Religionswissenschaft und Sinologie in Berlin, Nanjing, Taipei und Tokio. Sein Roman „Grenzgang“ wurde 2009 mit dem aspekte-Literaturpreis für das beste Jahresdebüt ausgezeichnet, die Romanverfilmung 2014 mit dem Grimme-Preis. Drei seiner Bücher, „Grenzgang“, „Fliehkräfte und „Gott der Barbaren“, standen auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. 

Stephan Thome „Gebrauchsanweisung für Taiwan“,  Piper Verlag München 2021, 223 S.