©Penguin Verlag, 2024

Was ist los in unserem Land? Hasnain Kazim, Sohn pakistanisch-indischer Einwanderer, wollte es genau wissen und tourte deshalb mit dem Fahrrad knapp 3000 Kilometer entlang von Elbe, Ruhr, Rhein, Oder/Neiße, Neckar und Donau nach Norden, West und Ost-Süd quer durch Deutschland. Er redete mit den Menschen…

was sie verbindet, unterscheidet, warum sie sich radikalisieren. Jede Tour ist geografisch mit den jeweiligen Rastplätzen skizziert und endet mit einem Resümee neuer Einsichten. 

Kazim mag Deutschland und die Deutschen, doch zuweilen entrücken sie ihm durch ihr Gejammer, ihre Unzufriedenheiten und ihre Art zu diskutieren, die andere dumm erscheinen lassen. Kazim betont die Subjektivität seiner Eindrücke und fokussiert in seinen Gesprächen in erster Linie auf politische Haltungen. Er sucht, was Deutschland eint und wird trotz vieler Konfrontationen und Spaltungen fündig.

Ein interessierter, offener Leser kennt die meisten Argumentationen. Das Interessante ist die Perspektive Kazims, wie er Protestwähler, die AFD wählen, mit rationalen Argumenten zum Nachdenken bringt, aber am Stursinn eines pakistanischen Hindus und eines arabischen Islamisten scheitert. Auch wenn Kazim selbst pakistanisch-indische Wurzeln hat, fühlt er sich als Deutscher. Seine Eltern sind nicht geflohen, dass ihre Kinder rassistisch beschimpft werden und Befürworter der Scharia die Demokratie und das Leben in Freiheit aushebeln. 

Immer wieder fasziniert ihn auf seiner Reise die landschaftliche Schönheit Deutschlands. Deutlich wird ihm auch, wie unterschiedlich die Menschen selbst in ein und demselben Ort leben, besonders im Bezug auf das Wohnen. Andererseits konfrontiert ihn die Reise mit den eigenen Vorurteilen. Rechts der Elbe beginnt er manche AFDler zu verstehen, die wertkonservativ als Nazis verschrien sind. Sie haben sich nicht in ihrer Haltung zu konservativen Werten verändert, aber das linke Umfeld hat sich radikalisiert. Würde die AFD die rechtsradikalen Mitglieder ausschließen, wäre „eine wertkonservative Ost-CDU denkbar“, visioniert Kazim. Er sieht „Diversität an sich neutral, was daraus wächst, ist zu bewerten.“ Wenn die Menschen mehr miteinander sprechen, wird das gegenseitige Verständnis größer. „Was man kennt, hasst man nicht.“

Und wo kann man Deutschland am besten kennenlernen? Kazims Antwort ist der Rhein. Es gibt hier alle Probleme des Alltags, die Menschen gehen damit seiner Ansicht nach gelassener um, weil sie humorvoll, redselig und ziemlich immun gegen Ressentiments sind. 

Hasnain Kazim wurde in Oldenburg geboren. Er wuchs im Alten Land bei Hamburg und Karatschi in Pakistan auf, studierte Politikwissenschaften und wurde Marineoffizier. Als Auslandskorrespondent schrieb er für das dpa-Südasienbüro in Delhi, für Spiegel und Spiegel online und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Jetzt lebt er als freier Autor in Wien. Das Taschenbuch „Post von Karlheinz“ (2018) mit Dialogen von wütenden LeserInnen und „Auf sie mit Gebrüll!“ (2020) waren Bestseller.

Hasnain Kazim „Deutschlandtour – Auf der Suche nach dem, was unser Land zusammenhält“ – ein politischer Reisebericht, Penguin Verlag, München 2024, 349 S.