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Überaus selbstkritisch blickt Friederike Mayröcker auf sich selbst. „Verwüstet“, „verwildert“, „ausgefranst bin ich Verfall“ und kontrastiert ihren Zustand mit kleinen Puzzleteilen aus ihrem Leben. Sie warnt. „Verehrte Lauscher und Lauscherinnen versuchen Sie nicht das Geheimnis dieses Textes zu lüften“, doch wer eine Antenne für diese Art des Schreibens hat, kann in ihren subjektiven Gedankensprüngen zwischen Natur und Kultur, gelebter Liebe und erlebter Einsamkeit viel von sich selbst entdecken.
Friederike Mayröcker ist immer noch jung in der Seele. „In meinen Träumen bin ich high“, bekennt sie, und so fühlen sich ihre sprachmalenden Assoziationen zwischen leuchtenden Blumen und Waldküssen auch an.
Sie verbindet Klassizismus und Avantgardismus, Natur-Writing mit Anglizismen und taucht aus der Realität des Alters ab in die Romantik jüngerer Zeiten bis in ihre „plissierte Kindheit“, die sie so sehr liebte.
Zwischendurch räsoniert sie über ihre Lieblingswörter „abermals“ und „anderswo“, frönt ihrer Vorliebe für Stabreime und gibt zwischen „Fisch oder Fuji“ oder „Plissee einer Palme“ so manches Rätsel auf. Ihr häufigstes Wort ist jetzt „nein“, ein Beckettsches Nein, und trotzdem lächelt sie „die serbische Krankenschwester mit meterlangem Zopf eines Morgens“ an.
Friederike Mayröcker, 1924 in Wien geboren, ist eine der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftstellerinnen im deutschen Sprachraum.
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Sie begann bereits mit 15 Jahren zu schreiben, in erster Linie Gedichte, aber auch Prosa und Hörspiele, Erzählungen, Kinderbücher und Bühnentexte. Mit Ernst Jandl lebte sie von 1954 bis zu seinem Tode im Jahr 2000 zusammen. Mit ihm teilte sie die Faszination für die Sprache. Für ihr literarisches Schaffen wurde Friederike Mayröcker vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Georg-Büchner-Preis 2001. Teile ihres Werks wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
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Friederike Mayröcker „da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete“, Suhrkamp Verlag, Berlin 2020, 201 S.