©Michaela Schabel
Große Munch-Retrospektiven waren anlässlich seines 100. Todestages im Museum Barberini Potsdam und in der Berlinischen Galerie zu sehen. Die Kunstsammlungen Chemnitz gehen…
einen anderen Weg. Sie reduzieren auf das Thema Angst und erweitern die Munch-Ausstellung durch die Werke von zeitgenössischen Kollegen von einst heute. Angst gehört wie Wut, Ekel, Trauer, Freude und Liebe zu den grundlegenden Emotionen der Menschen. Edvard Munch (1863-1944) geprägt durch den frühen Tod seiner Mutter und seiner Schwester, schuf Seelenlandschaften der Angst. Seine Malerei wurde zum Seismografen seiner Zeit.
Den Rundgang durch die Ausstellung beginnt man am besten am rechten Eingang, wo die Selbstporträts Munchs im Umfeld von Egon Schieles und Marina Abramović’ Selbstbildnissen interessante Vergleiche ermöglichen. Von Angesicht zu Angesicht provoziert die Selbstreflexion der Künstler den Betrachter über sich selbst nachzudenken. Über sein Schaffen räsonierte Munch: „Ich male nicht, was ich sehe, sondern, was ich gesehen habe.“ Das war vor allem der Tod seiner Schwester und seiner Mutter. In dem Bild „Das kranke Kind“ verarbeitete er den frühen Tod seiner Schwester Sophie. Dabei fand Munch eine neue Bildsprache. Er malte mehrere Farbschichten übereinander, brach sie mit dem Messer auf, um den fragilen Übergang von Leben und Tod zu verdeutlichen.
Munchs berühmtes Bild „Geschrei“ verdichtet die existenziellen Ängste seiner in einer schlichten Kaltnadelradierung, womit sich Andy Warhol in seinem „Das Geschrei (nach Munch)“ 1984 auseinandersetzt, indem er rote Linien und versetzte Farbfelder in Gelb, Grün, Blau und Rot hinzufügt. Beide Werke, perspektivisch versetzt präsentiert, mit einem Blick in ihrer Wirkung zu erfassen, ist ein einmaliges Erlebnis.
140 Exponate zeigt die Ausstellung, darunter einige Arbeiten von Munchs realistischen Anfängen, berühmte Motive wie „Die Sünde“ oder der eher selten zu sehende Zyklus „Alpha und Omega“, 22 Lithografien über menschliche Beziehungen, die er nach einem schweren physischen und psychischen Zusammenbruch anfertigte.
Wie gesellschaftliche Spannungen Einsamkeit und Angst das heutige Leben bestimmen zeigen auch die ausgewählten Grafiken, Fotografien, Videoinstallationen zeitgenössischer Künstler, wie beispielsweise Arbeiten von Georg Baselitz, Lenka Falušiová oder Maja Wunsch. Am innovativsten ist die KI-Installation von Juliana & Andrey Vrady, programmiert von Andy Junginger. Betrachter können vor einem Laptop stehend eine Frage über mitmenschliche Beziehungen wählen. Über KI werden die dabei entstehenden Emotionen über Projektionen von Formen und Farben sichtbar gemacht.
Zu sehen ist die Ausstellung „Edvard Munch Angst“ noch bis zum 2. November in den Kunstsammlungen Chemnitz am Theaterplatz.