JRs Fotografien provozieren und emotionalisieren. Die Menschen sind stolz, bei seinen Projekten mitmachen zu dürfen. Die Ausstellung folgt den Lebenswegen JRs und seinen Projekten, die sich nacheinander entwickelten. Informationstexte geben den nötigen Einblick für den inhaltlichen Kontext. Für „Expo Rue 2“ (2001-2004) porträtierte er seine Freunde beim Sprayen, plakatierte die Bilder an den verschiedensten Orten von Paris, umsprayte sie mit Leuchtfarbe, um seine Community überall sichtbar zu machen.
In „Porträt of a Generation“ (2004-06) machte er zusammen mit seinem Freund, dem Filmemacher Ladj Ly, auf die klischeehafte Vorverurteilung und Missstände der jungen Menschen in der Banlieue aufmerksam, indem er sie skurril grimassierend, furchteinflössend fotografierte.
Immer auf der Suche nach Neuem weitete JR seine Projekte auf andere Kontinente. In Israel und Palästina fotografierte er 2005 Menschen mit gleichen Berufen. Paarweise, ebenbürtig plakatierte er ihre Porträts in „Face 2 Face“ in beiden Ländern und auf der Grenzmauer illegal.
Sein beeindruckendstes Projekt war zweifelsohne „Women are Heroes“ (2008-14). In Brasilien, Libyen, Sierra Leone, Kenia, Indien und Kambodscha fotografierte er Frauen als Stützen der Gesellschaft. In einer brasilianischen Favela montierte er die Augen auf die Dächer der Häuser im Steilhang, von der Ferne betrachtet ein ergreifendes Mahnmal mütterlicher Wachsamkeit.
©JR
Immer wieder werden in Großprojekten die Augen zum zentralen Motiven, wie z. B. auf den großen Schiffen in Modellen im Hauptraum der Hypokunsthalle nachgebaut.
Beeindruckende Aufnahmen von alten Menschen entstanden in Shanghai, Havanna und Berlin während des Projekts „The Wrinkles“ (2008-15). Deren faltige Haut auf den zerplatzten Häuserfassaden ergaben ganz besondere Synergieeffekte gelebter Zeit.
©JR
Ein anderer wichtiger Aspekt in JRs Arbeiten ist die Überwindung der physischen Grenzen. In „Giants, Kikiot“ blickt ein überdimensioniert wirkendes Kind über den Grenzzaun Mexikos Richtung USA.
Der letzte Raum der Ausstellung verweist auf JRs größtes partizipatives Kunstprojekt. Seit 2011 nahmen an „Inside Out“ 400000 Menschen in 140 Ländern teil, um Menschen Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit zu geben. „Ein Gesicht mit einer Geschichte vergisst man nie wieder.“ Was angesichts der gigantischen Collagen allerdings mehr als fragwürdig erscheint. Dieses Projekt wurde in München weitergeführt.
JR Porträts in der Schrenkstraße München©JR
Inzwischen kleben die Porträts etlicher Münchner in JR-Manier an diversen Mauern. Doch mehr als eine PR-Aktion sind die Bilder nicht. Im reichen, gepflegten München entwickeln diese Bilder keinerlei Aura, geschweige denn eine inhaltliche Provokation.