©Michaela Schabel
Der Motor war die Glasherstellung, so Ehrenbürger Helmut Schneck, dessen Engagement die Ausstellung „Schöpferisches Frauenau“ zu verdanken ist. Das Glas forderte von den Menschen viel Kreativität und inspirierte zum Experimentieren. Mit der Glasfachschule in Zwiesel, es gibt in Deutschland nur sechs, konnten sich die Mitarbeiter der Glashütten als Maler und Zeichner ausbilden lassen. Der Maler Hermann Erbe-Vogel kam 1934 nach Frauenau und inspirierte die einheimischen Künstler. Durch sein Erbe, die Studioglasbewegung, das Bild-Werk Frauenau, die Musik- und Gesangsgruppen entwickelte sich in Frauenau ein reger Kulturaustausch, den die Ausstellung ins Bewusstsein rückt. Kurator Sven Bauer arrangierte die unterschiedlichen Exponate so, dass jedes zur Wirkung kommt, junge und ältere Künstler über ihre Werke dialogisieren und sich witzige, aber auch ernste und poetische Narrative ergeben.
Am Eingang empfängt der künstlerische Kosmos der Eisch-Familie mit Glasskulpturen, bemalter Holzfigur und Malerei, vis-à-vis im Blick die expressiven Arbeiten von Wolf Hirtreiter und ein Selbstbildnis von Hermann Erbe-Vogel, der Hirtreiter motivierte freischaffender Künstler zu werden.
Die Glasarbeiten, man kennt die künstlerischen Handschriften von diversen Einzelausstellungen, werden vor den großen Glasfronten zum Blickfang. Erwin Schmierers „Gaia“ glüht in rötlichen Ockertönen als personifizierte Erde an trüben Tagen. G. Jo Hruschkas „Denkmal für vergessene Tage“ bringt durch gesägte, sandgestrahlte Strukturen dominiert von Eisen und Rost den Holocaust in Erinnerung und Stefan Stangl mit seinem in Form geschmolzenen Männerkopf, getitelt mit der Frage „Wie tief ist das Wasser?“ den Klimawandel. Darüber schweben Kyoko Takeuchis gläserne „Schmetterlinge“ auf Acrylglasplatten.
Neben Glas war und ist für viele Künstler Holz ein wichtiger, leicht zugänglicher Werkstoff. Josef Hallers „Glücksschwein“ und „Löwe“ kontrastieren mit Theodore Hofmanns „Schwarzer Madonna“. Aus Holzkohle geformt in einem Einkaufswagen positioniert wird sie zum Mahnmal des religiösen Ausverkaufs. Unter den Bildern sticht das Selbstporträt von Marian Solowij heraus. Als Volksdeutscher in der Ukraine geboren kam der zum Professor ernannte Zeichenlehrer auf der Flucht im Zweiten Weltkrieg nach Frauenau. Landschaftsbilder spannen den weiten Bogen von Valentin Giltners gemalter heiler Welt der „Rachelkapelle“ bis zur dystopen Fotografie Florian Eichingers „Jetzt & Dann“ mit Blick auf kahle Wälder, neues Wachstum und unheilschwangeren lila Horizont. Aber auch musikalisch und literarisch hat Frauenau einiges zu bieten. Bücher von Alexandra von Poschinger, Ossi Heindl und Jörg Graser liegen auf. Stubnmusik und flotter Bigband-Sound sind über Kopfhörer zu hören.
Die Ausstellung ist eine gelungene Entdeckungsreise und präsentiert Frauenaus kulturelles Potential von der besten Seite. Als Hommage an die Künstler veröffentlichte das Glasmuseum das „Schöpferische Frauenau“ als 27. Band seiner Schriftenreihe.
Die Ausstellung ist noch bis zum Januar 2025 zu sehen, parallel dazu eine zweite im Kabinett interessant auf das Wesentliche reduziert „700 Jahre Frauenau“.