"Kultur macht glücklich"


Berlin – „Under Shadows“ – Arbeiten von Tamara Kvesitadze und Shunxiang Hu in der Galerie Kornfeld

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Berlin – „Under Shadows“ – Arbeiten von Tamara Kvesitadze und Shunxiang Hu in der Galerie Kornfeld

©Michaela Schabel

„Under Shadows“ macht betroffen, weil Kunst in diesem Fall ganz eng mit… 

den beiden Biografien der Künstlerinnen verbunden ist. „Unter Schatten“ wird zur tiefgründigen Metapher für ein Leben in extrem sozialen und politischen Spannungen und den damit verbundenen schattierten Erinnerungen.

Tamara Kvesitadze und Shunxiang Hu kommen aus Ländern mit autoritären Regimen. Ihr Leben und künstlerisches Schaffen sind von tiefgreifenden sozialen und politischen Spannungen geprägt. Kvesitadze kommt aus Georgien, einem Land, dessen Menschen derzeit mit zunehmendem Autoritarismus und weit verbreiteten zivilen Unruhen zu kämpfen haben.

Hu, geboren während der Ein-Kind-Politik Chinas als zweitgeborene Tochter, war gezwungen, ihre Identität aufzugeben und eine andere anzunehmen, um existieren zu dürfen. Um die Schatten der Vergangenheit loszuwerden, verließen beide ihre Heimat. Sie begegneten sich Ende 2024 in Berlin, wo ihnen als Artists of Residence von der Galerie Kornfeld eine gemeinsame Wohnung und ein Atelier zur Verfügung gestellt wurde. So entstand ein individueller Dialog, in dem sich über Generationen hinweg, Kulturen und künstlerische Ausdrucksmittel spiegeln. Die Inhalte sind ähnlich, die künstlerischen Handschriften extrem unterschiedlich. 

In Kvesitadzes skulpturalen und malerischen Arbeiten leuchtet die Energie und die Widerstandskraft der Frauen auf. Sie sitzen entspannt  auf und um den Tisch, der wie ein fliegender Teppich wirkt, umrahmt von himmlischem oder ozeanischem Blau, von wo aus die Milizen observieren. Mit raffinierten Schattenfiguren aus lackierten Stahlboxen herausgestanzt gelingen Kvesitadze originäre Metaphern, wie sich das Schattendasein verändert, sobald man den Mut aufbringt es abzulegen und die eigene Authentizität zu entwickeln. Schwarz weicht „Pink“, „Red“ oder „White“. Den Transformationsprozess in in den tieferen Schichten des Unterbewusstseins versinnbildlicht der bunt gemusterte Körperausschnitt im Quader. Gleichzeitig ergeben sich positive Wechselwirkungen auf das soziale Umfeld. In „Yellow“ vermitteln zwei Frauen Hand in Hand eine sonnige Zukunft. Wie eine Maske wirkt das aquarellierte Gesicht einer Porträtierten sozusagen ihr öffentliches Ego. Doch in ihrem Kopf solidarisieren sich lachende Frauen, Sinnbild für Widerstand, Energie und ein unbeschwerteres Leben. Kvesitadze findet aber auch für die ganz dunklen Seiten des Lebens einen berührenden Ausdruck wenn graue Menschenreihen entlang eines langen, blutroten Tisches das Leid der „Migration“ spiegeln.

Hu arbeitet ganz anders. Sie bleibt in ihren Ölbildern bewusst extrem nebulös. In „Berlin Mood“, eine Serie vager erdfarbener Porträts, bleiben die Identitäten verborgen. Sie ähneln sich in ihrer fühlbaren Tristesse ihres Schattendaseins. Lichtspiegelungen lassen harmonische Momente unerwartet aufleuchten und machen einen Identitätswandel zumindest vorstellbar. Diese Suche nach Identität bestimmt Hus künstlerisches Wirken und erklärt, warum in „Pupa“ (zu deutsch „Puppe“) über dunkler Architektur schemenhaft zwei Figuren wie Geister auf der Suche nach ihrer wahren Authentizität schweben, wobei ihrer Transformation in eine andere Existenz erlebbar wird. Ein alter Mann sitzt in „Neon Wasteland“ an einem Cafétisch, umringt von nackten Damen, mehr fiktiv imaginiert denn als Bordell, eine gekonnte Satire auf männliche Dominanz und weibliche Rollenklischees.

Die Ausstellung „Under Shadows“ ist in der Berliner Galerie Kornfeld noch bis 23. August zu sehen.