©Michaela Schabel
In „Embodied Vessels“ werden Gefäße zu Körpern und Körper zu Gefäßen, nicht nur skulptural, sondern auch in der Malerei, die allerdings wiederum sehr plastisch wirkt. Dieses kontrastreiche Vexierspiel, von Roland Stratmann (*1964, Südlohn) sehr überlegt, konzeptionell zusammengestellt und kuratiert, macht diese Ausstellung zu einem besonderen Erlebnis.
Künstler Andreas Amrhein spielt mit kulturellen Epochen und deren Klischees, indem er Porzellan- und Nippesfiguren in monumentaler Größe auf Sockeln heldenhaft positioniert und sie im Hintergrund durch urbane, industrielle, antike Strukturen zeitkritisch kommentiert. „Nach dem Sturm“ scheint der chinesische Held, umgeben von Grün- und Pinktönen, für eine friedfertige Harmonie gekämpft zu haben, doch ist eine Hand immer noch griffbereit an der Waffe und was die andere am Feldstecher zeigen könnte, obliegt dem Zeitverständnis des heutigen Betrachters. Jedes Bild nimmt andere kulturelle Narrative unter die Lupe.
„Nach dem Sturm“, Andreas Amrhein, 2010©Andreas Amrhein, Foto: Michaela Schabel
Umgekehrt setzt Wilhelm Frederking (*1982, Chemnitz) vor kühl gespachteltem Hintergrund aus Brokatstoffenschnipseln archaische Formen zusammen, die an die präkolumbinanische Mythenwelt anbinden und Fabelwesen assoziieren lassen, was ihm derart perfekt gelingt, dass man glaubt vor Skulpturen zu stehen. Werkzeuge wie daumengroße Stempel und Druckrollen bekommen in Objektkästen die Aura von Kunstgegenständen und einen Einblick in die Techniken dieser Kultur, die nichts von ihrer Kraft eingebüßt hat. Eine andere faszinierende Facette von Frederkings Montagekunst sind seine historischen Collagen aus Original-Illustrationen.
Ganz verschiedene Kulturepochen bezieht Roland Stratmann in seine kleinformatigen Collagen mit ein. „Fayencen“ nennt er sie bescheiden, wobei seine kunsthandwerkliche Technik phänomenal ist. Mit einem Skalpellschnitt „entleert“ er ursprüngliche Postkartenmotive und befüllt sie mit neuen Motiven, die mit den alten in irritierender Weise fusionieren, wenn in den Cuts von Lampen erotische Jugendstilattitüden wie entblößte und zugleich dekorierte Hirngespinste auftauchen. Das Spiel mit Verkleidung gipfelt in „Dead Game Clothing – Peacock“, dem Pfau aus ausrangierten Krawatten, ein ungewöhnliches Meisterstück in Stratmanns Upcycling-Kunst „Aus Alt mach Neu“. Nicht minder verblüffen seine witzigen Ein-Linien-Zeichnungen.
Ganz andere Wege geht Diane Haefner (*1994, Heidelberg). Mit ihren Porzellanskulpturen entwickelt sie einen Kosmos bizarrer Symbiosen von Mensch und Natur. Für ihre Gussformen benutzt sie eigene Körperabformungen, medizinische und technische Formmodelle, die sie miteinander verschmelzen lässt. Durch lachsfarbene, türkise und grüne Farbeffekte entstehen surreal monströse Objekte wie übereinander gestapelte Gebisse als satirischer Ausdruck permanenter verbaler Selbstdarstellung, aber auch elegant poetische Porzellanobjekte, die an Untermeereswelten denken lassen.
Daniel Krüger (1951, Kapstadt), Schmuck- und Keramikkünstler, provoziert durch traditionelle Gefäßformen, aus denen er Schwämme und Pilze wachsen lässt oder die er mit ganz unterschiedlichen Konterfeis dekoriert als ganz bewusste Gratwanderung zwischen Kunst und Kitsch, Trivialem und Erhabenen.
Bis 27. Juli ist die Ausstellung „Embodied Vessels – Zwischen Körper und Gefäß“ in der Galerie Schmalfuss noch zu sehen.