Die Haupthalle des Hamburger Bahnhofs ist Berlins größter experimenteller Ausstellungsort. Was dort zu sehen ist, prägt sich durch Gigantonomie ein. Dieses Mal ist es eine schlichte Sanddüne, vor der der Mensch verzwergt. Weniger spektakulär sind die Glasröhren an einer organisch sich verzweigenden Metallinstallation. Wozu das alles?…
„Attune“, Alexandra Pirici, 2024©Alexandra Pirici, Hamburger Bahnhof und Audemars Piguet/Edi Constantin
Alexandra Pirici fokussiert mit ihrer ortsspezifischen Installation „Attune“, zu deutsch Einstimmen, auf lebende Landschaften als Spiegelbild des Menschseins. Sie fusioniert aktive skulpturale Elemente mit Live-Performance und polyphonen Musikstücken, die sie selbst choreografiert und komponiert hat. Durch optische Reize, wissenschaftliche Experimente, Gesang und Tanz verwandelt sich dabei die ehemalige Bahnhofshalle in einen exotischen Lebensraum. So wie in scheinbar amorpher Materie durch physikalische und chemische Prozesse sich wiederholende Strukturmuster ergeben, so entdeckt sie durch mythische Gesänge, organisch anmutende Tanzperformationen und exotisch vielstimmigen Vogelgezwitscher soziale Verhaltensmuster, die durch harmonisches, achtsames Miteinander eine berührende Lebensqualität assoziieren lassen.
„Attune“, Alexandra Pirici, 2024©Alexandra Pirici, Hamburger Bahnhof und Audemars Piguet/Edi Constantin
Gleichzeitig offeriert Pirici im Nebeneinander von mineralischen und menschlichen Strukturen, wie sich aus zufälligen Atomen, Molekülen und Zellen stabile Strukturen bilden können und erinnert dadurch auch an das evolutionäre Nacheinander.
Ein Highlight von „Attune“ bildet die Vorführung der sogenannten Briggs-Rauscher-Reaktion, bei der eine Lösung zwischen zwei Farben lange hin und her schwankt, bevor die Reaktion schließlich zu Ende geht. Diese oszillierende chemische Reaktion wird häufig zur Demonstration selbstorganisierender Muster in der Chemie verwendet.
Alexandra Pirici (*1982, Bukarest) ist eine international renommierte Performancekünstlerin. Sie wurde als Tänzerin ausgebildet und erweiterte ihr Repertoire durch zeitgenössischen Tanz, performative Kunst und vergängliche skulpturale Momente. Seit 2023 leitet sie den neu geschaffenen Lehrstuhl für Performance in der zeitgenössischen Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München. Die Auftragsarbeit „Attune“ für den Hamburger Bahnhof ermöglicht es ihr, ihre Praxis in größerem Maßstab weiterzuentwickeln und neben Live-Aktionen auch feste physische Strukturen einzubeziehen.
„Attune“ ist im Hamburger Bahnhof noch bis 6. Oktober zu sehen, von 13 bis 17 Uhr mit den Live-Performances und Vorführungen der Briggs-Rauscher-Reaktion.