©Susanne Ackermann, Foto:Michaela Schabel
Linien waren der Beginn der Kunst. Sie verwandelten sich von den einfachen Zeichnungen der Höhlenmalerei durch die Zivilisationsgeschichte…
bis zu variantenreichen Linienstrukturen in der zeitgenössischen Kunst. Über die Konkrete Malerei gewannen Linien kombiniert mit Farbe und Oberfläche eine revolutionäre Innovationskraft, die inzwischen, von strengen Restriktionen befreit, ganz individuelle Variationen zulässt.
Fünf Künstlerinnen zeigen derzeit im Landshuter Kunstverein ihre spezifischen Umsetzungen, die man auf den ersten Blick klar unterscheiden kann, auch wenn sich jede für sich auf lineare Strukturen und Farbe beschränkt.
Es handelt sich nicht um Zeichnungen im herkömmlichen Sinn, weder um atmosphärische Skizzen noch um figurative Umrisszeichnungen, Akte oder geometrisch gerade Linien. Es geht den Künstlerinnen „um die Darstellung von Zeit und Raum, von Rhythmus, Bewegung, Energie und die besondere Kraft von Farbe“, so Laudatorin Ursula Bolck-Jopp.
Andrea Sanders bunt gestreifte Bilder mit Acryl auf Holz gemalt fallen sofort ins Auge. „Ich male nicht nur Streifen, ich denke in Farben“, bekennt die Künstlerin. Ein Farbton gibt den Ton vor, die anderen kontrastieren, woraus spannende lineare Farbstrukturen entstehen, die durch unterschiedliche Anordnungen ein rhythmisches Flirren, räumliche, aber auch geistige Weite und zugleich ein harmonisches Miteinander assoziieren lassen, worauf Sander durch die Titel der Werkgruppen wie „Horizonte“ oder „Pole“ verweist.
Technisch noch raffinierter wirken die Bilder von Astrid Schröder. Nur einmal taucht sie den Pinsel für eine Linie in die Farbe, die dann verrinnt und verblasst. Durch die Überlagerung mehrerer Reihen von Linien, gegliedert in Blöcken entstehen perspektivische und ästhetische Effekte, die den Betrachter, losgelöst von narrativem Suchen, in einen meditativen Zustand versetzen können.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt Doris Hahlweg. Sie will den ganzen Schaffensprozess ihrer Malerei sichtbar und kreiert dabei in Öl auf Aluminium Farbkompositionen von poetischer Leichtigkeit. Auf dem glatten, spiegelnden Untergrund bleiben die Malspuren des Pinsels, den sie sehr variantenreich ansetzt, erhalten.
Mit ganz filigranen, geschwungenen Liniensystemen ziehen Susanne Ackermanns Bilder in ihren Bann. Mit Polychromos-Stiften verdichtet sie ihre Netzsysteme derart, dass sie sich beim Betrachten visuell zu verschieben scheinen. Mit verdünnter Acrylfarbe legt sie immer immer dunkler werdende Farbschichten auf Nesselstoff, sodass die helleren darunter durchscheinen und sich eine leuchtende Aura, wie man sie von Glasbildern kennt, entfaltet. Die dynamischen Liniennetze schwingen über den Bildrand hinaus, was in den kleinen Formaten in der Ausstellung allerdings nicht so fulminant zur Wirkung kommt wie in ihren großen Formaten.
Annegret Hoch schwelgt gern in leuchtenden Farben. Wegen einer Allergie begann sie statt mit kommerziellen Farben mit Farbpigmenten aus der Natur zu experimentieren. Jetzt malt sie mit Rote Beetesaft, Holunder, Sepia, Blaukraut oder Smalte, einem Kobaltpigment, das früher zum Färben verwendet wurde, und mit anderen Zutaten. Ihre Malerei besticht nach wie vor durch intensive Farbigkeit und schwungvolle Linearstrukturen.
„Kein Tag ohne Linie“ ist noch bis 5. Oktober im Landshuter Kunstverein in der Herrngasse 375 zu sehen.