Landestheater Niederbayern – Musical „Avenue Q“

Musicalkritik "Avenue Q" präsentiert von schabel-kultur-blog.de

In den USA zuerst off-Broadway, dann immerhin 6 Jahre auf dem Broadway  erfolgreich gespielt, lässt der große Hype seit der deutschen Erstaufführung in Mannheim 2012 auf sich warten. Letztendlich wirkt das Musical mit Handpuppen a la Muppetshow, Sesamstraße und Krümelmonster inzwischen doch allzu altbacken nostalgisch, der Humor trotz Abänderungen für das deutsche Publikum zu vulgär und die Parodien allzu seicht. Dass das Landshuter Publikum so begeistert reagiert, ist zum einen der inzwischen schon sehr respektablen Musicaltradition geschuldet, bei der Intendant Stefan Tilch mutig immer neue Stilrichtungen sehr erfolgreich ausprobiert, vor allem dem Charme und Können der Schauspieler. Drei in bunt fröhlicher Bilderbuchkostümierung (Ausstattung Beata Kornatowska), die anderen dezent in schwarz an der Seite der acht Muppets, die sie wie perfekte Puppenspieler  mit großer Gestik und Klappe, rhythmisch bewegt mit unverwechselbar überdrehten Stimmen in Szene setzen (Puppen: Birgit Laube, Puppen-Coaching: Dennis M. Rudisch).

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©Peter Litvai

Mit Musicaldarstellerin Catherine Chikosi wird  nicht nur Monster-Kate, sondern auch Schlampe Lucy zum Publikumsliebling, singt mit Herzschmerz die eine, bluesig die andere und peppt mit wenigen Tanzschritten deren Szenen auf. Dazwischen ortet Princeton (Julian Ricker) seine Beziehungslage und erweist sich als talentierter Liebhaber. Rod (Julian Ricker) hat es schwerer, weil er nicht zugibt schwul zu sein und seine Neigung auf Freund Nicky (Reinhard Peer) projiziert. Und dann gibt es noch den knurrig wuchtigen Trekkie Monster (Reinhard Peer) der mit Pornos Millionen verdient, die beiden geschwätzig, in ihrer Schrillheit kaum zu ertragenden Bullshit-Bären und  die blaustrümpfige Nervensäge Semmelmöse (Elena Otten). 

Christmas Eve wird mit Sarah Est in japanischer Fantasieoptik zum therapeutischen Engel mit allerliebster Ausstrahlung  und angelt sich zielgerade den gutmütigen Brian (David Lindermeier). Mit Mona Fischer bekommt Gary als Hausmeister der sympathische Kumpel eine schmissig tänzerische Note. Ansonsten bleiben choreografische Elemente (Susanne Prasch) auf Sparflamme.  
Mit 25 Songs entfaltet sich „Avenue Q“ zur Nummernrevue, allerdings ein Song simpler als der andere, ziemlich nervig schon der Titelsong zu Beginn mit dem „Ankotz-Refrain“, reichlich platt die Parodie „Internet ist für Porno“, durchaus witzig schlau „Jeder ist ein kleiner Rassist“. Die Musik reduziert sich auf die einfachen Melodien mit Endlos-Refrains, ohne  irgendeinen rasanten Ohrwurm in Hörweite. Faszinierend ist allerdings mit welcher Präzision und akustischen Qualität Basil Colemans GMD-Band hinter den Kulissen live den Sound einspielt.
Am Schluss hat man diese bunte Chaos-Welt irgendwie doch ganz lieb gewonnen und man atmet auf, sich die amerikanische Kultur parodistisch auf Distanz halten zu können. 
Michaela Schabel 
 
Foto: Peter Litvai