"Kultur macht glücklich"


Münchner Staatsballett „Anna Karenina“

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Münchner Staatsballett „Anna Karenina“

Nichts lenkt ab. Die Bühne bleibt, bis auf  einige Birkenstämme, die russisches Kolorit einbringen, reduziert. Das Licht interpretiert,  sonnenhell die Momente wahr empfundener Liebe, grell überzeichnet Wronskis Reitunfall als groteske Tribünenszene, die Landarbeit auf dem Feld in naturalistischer Härte in der Sommerhitze. Überschattet, als Erinnerungsfiktion präsentiert Christian Spuck  Ball- und die Salonszenen. Nur matt glänzen in pastellfarbenen Ballkleider der Damen. Umso mehr strahlen Kitty in Blau, Anna Karenina in Rot als Symbole gelebter Liebe, während Fürstin Betsy, die den Avancen des fürstlichen Schürzenjägers  Oblonski widersteht, metallisch schimmert, teil einer geschlossenen Gesellschaft, deren Regeln  Anna Karenina durchbricht. Die Dampflokomotive, per Video, und tonal mit Gänsehauteffekt (Dirigat: Robertas Šervenikas) immer wieder präsent, lässt das unheilvolle Ende unerbittlich nahen.

schabel-kultur-blog präsentiert Ballettkritik "Anna Karenina" der Münchner Staatsoper

©Wilfried Hösl

Im Wechsel von Corps de Ballett und solistischen Pas des deux entwickelt sich das fulminante Spiel der Liebesbeziehungen in tänzerischer Handfassung, mit ständigen Drehungen, extrem hohen Beinen, in denen die weiten Roben verführerisch schwingen. Ksenia Ryzhkova gibt Anna Karenina all die Facetten, wie man sie aus Tolstois Roman kennt, die Verführte, Leidenschaftliche Ekstatische, zärtlich Naive, die Verzweifelte, die schließlich die Balance verliert, strauchelt, fällt und unter die Räder kommt. Sie ist ein Opfer der Männer.

schabel-kultur-blog präsentiert Ballettkritik "Anna Karenina" der Münchner Staatsoper

©Wilfried Hösl

Ihr Leid wird mit der Stimme der Mezzosopranistin Alyona Abramova gefühlvoll hörbar.  Graf Wronski, auch ihr Mann, benutzen Anna Karenina zur Lustbefriedigung,  in einem spannungsreichen Pas des trois vertanzt. Die Leidenschaft zu Graf Wronski verglüht in den leidenschaftlichen, aber sich wiederholenden Dreh- und Hebefiguren. Im Spagat kopfüber gibt sie sich ganz hin und schwebt  doch nur als Trophäe des Mannes. Der eigene Mann kann die erlittene Schande nicht ertragen, demütigt sie sexuell und wirft sie weg, den Sohn mit sich nehmend. Das sind starke, bedrückende Tanzsequenzen.

Michaela Schabel