©Landestheater Niederbayern, Peter Litvai
Nick (Stefan Sieh), ein US-amerikanischer Banker wird von Dschihadisten entführt. Im Gefängnis soll er für den Imam (Alexander Nadler) sein Lösegeld von 10 Millionen US-Dollar durch Börsenspekulationen selbst erwirtschaften, wobei er dessen rechte Hand Bashir (Julian Niedermeier) die Raffinessen des Spekulierens beibringen soll.
Zwei Männer, die ungleicher nicht sein könnten, knallen emotional und sprachlich aufeinander. Was anfangs trotz der sorgfältigen Personenregie von Oliver Karbus noch wenig Authentizität vermittelt, beginnt durch Stefan Siehs Spiel einen psychischen Spannungsbogen zu entwickeln. Immer geduckter bewegt er sich, immer schneller gehen ihm die Nerven durch, weinend am Boden liegend wimmert er um sein Leben. Je mehr er die egoistischen Machenschaften des Imams durchschaut, umso schlimmer werden die Auseinandersetzungen. Wenn auch die Kleidung über Monate hinweg immer blitzsauber bleibt, sein Haar ist wirr. Durch Überblendung wirkt sein Gesicht für Momente aschfahl. Während eines Geburtstagsvideos für seinen Sohn bricht er in Tränen aus. Allein gelassen, ohne Licht im Dunkeln beginnt er zu halluzinieren, wird das Surren der Drohnen außerhalb der Gefängniszellen bedrohlich wahrnehmbar und die Szenerie der Gefängniszelle beklemmend.
Schwieriger ist es zweifelsohne für Julian Niedermeier die Rolle des jungen Paskistani zu realisieren, der zunehmend vom Sog des Geldes gefangen wird.
©Landestheater Niederbayern, Peter Litvai
Julian Niedermeiers sympathische Persönlichkeit bricht immer wieder durch, auch wenn er als Unterlegener dieser aufgezwungenen Kooperation ständig explodiert. Alexander Nadler verleiht dem Imam würdevolle Distanz und eine naive Unschuld, die die Abgründe dieses Persönlichkeitstyps perfekt verschleiern, wirkt aber durch Bart und Gewand mehr verkleidet als authentisch.
©Landestheater Niederbayern, Peter Litvai
Von Bashir malträtiert, blutüberströmt, gefangen und erschossen flackert in der Figur des Imams die kriegerische Grausamkeit des Dschihadismus auf. Sofort taucht eine neue Mutation auf. Bashir hat schnell gelernt mit Insiderwissen Gewinne zu erzielen, durch ein selbst initiiertes Attentat auf den Verfall der Rupie zu shorten, Vermögen und Macht zu erzielen. Wenn das Stück auch überzeichnet und vieles simplifiziert, gibt es doch einen ersten Einblick in den Fachjargon und die ungeheuren Manipulationsmöglichkeiten des globalen Finanzkapitalismus, vor allem in die persönlichkeitsverändernde Macht des Geldes.
Hinter der Bühne: Oliver Karbus (Inszenierung,) Klaus Gasperi (Bühne und Kostüme) Maske (Christian S. Kurtenbach und Team) Julian Ricker (Originalmusik), Dana Dessau (Dramaturgie), Florian Rödl (Filmproduktion) Stefan Tilch (Bildschnitt)
Auf der Bühne: Stefan Sieh (Nick), Julian Niedermeier (Bashir), Alexander Nadler (Imam), Julian Ricker (Dar, Gefängniswärter), Ella Schulz (Nicks Frau im Video
„Die unsichtbare Hand“ ist über die Mediathek des Landestheater Niederbayerns derzeit kostenlos zu sehen. Über Spenden freut sich das Theaterteam.