Tschaikowskys Ballett entfaltet zwischen samtig dunkelrotem, königlichem Ambiente und nächtlicher Weite kurz vor Sonnenaufgang den romantischen Zauber dieser Liebesgeschichte eines Prinzen, der der Magie des Schwanensees erliegt und stirbt. Doch so schön und stimmig dieser „Schwanensee“ choreographiert ist und getanzt wird, im Stream funkt die Live-Atmosphäre dieses Evergreens der Ballettgeschichte nicht wirklich. Ohne Applaus für die fulminanten Soli, die phantastische Beinarbeit,
©Wilfried Hösl
rasanten Endlos-Pirouetten, Sprünge und Hebefiguren wird die Choreographie in den dafür vorgesehenen stillen Momenten seltsam zerrissen. Die Kameraführung zoomt zwar die Protagonisten sehr nah, man sieht aber umso deutlicher die angestrengte Konzentration bei manchen TänzerInnen. Jinhao Zhang als Siegfried wirkt anfangs sehr ernst, voll konzentriert der Tänzerin Halt zu geben. Die Nahaufnahmen zerteilen die tänzerische Gesamtrhythmik, Hebefiguren wirken aus ungünstigen Perspektiven mitunter befremdlich. Und die Videotechnik macht es möglich die kleinsten Balanceprobleme zu recherchieren.
Makellos, in perfekter Grazie, subtil im Ausdruck tanzt Ksenia Ryzhkova Odette und Odile. Lauretta Summerscales interpretiert erfrischend jugendlich die fröhlichen und traurigen Facetten Charlottes, die den Prinzen so gern für sich gewinnen möchte und doch fühlt, dass sein Herz woanders schlägt.
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Emilio Pavan gibt einen großartig, magisch düsteren Zauberer ab, der mit hohen Sprüngen seine Dominanz in Szene setzt und mit resoluten Gesten sein Reich und den Prinzen im Griff hat.
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Ganz großer Applaus auch für das zauberhaft synchrone Corps de Ballett mit 18 TänzerInnen und die Paarsoli bei den folkloristischen Nationaltänzen.
Mitreißend spielt das Münchner Staatsorchester unter dem Dirigat von Tom Seligman, insbesondere Soloviolinist David Schultheiß, leider weitgehend von der Kamera ignoriert.