©Gianmarco Bresadola
Katja Amberger treibt als Amme und in der Funktion des Chores die Handlung voraus, erzählt in knappen Worten das rigide Schicksal Medeas, die ihrem Geliebten Jason zuliebe zur Mörderin wurde, die Heimat verließ und nun im fremden Griechenland mit ihren beiden Kindern von Jason verlassen, von König Kreon verbannt wird, damit Jason durch die Heirat der Königstochter sich auf höchstem Niveau integrieren kann. Wie Katja Amberger das erzählt, ist großartig, mit eindringlicher Stimme aus erzählerisch empathischer Distanz und doch voller Leidenschaft in der Verurteilung von der Rache getriebenen Medea. Sie ist „im Gemüt wild. Unrecht verträgt sie nicht.“
©Gianmarco Bresadola
Unter der Regie Sven Grunerts gelingt Louisa Stroux eine sehr heutige Version dieser archaischen Figur der Medea. Ganz in Schwarz in Lederhosen und Wickelmantel (Kostüme Irina Kollek) lässt die Lichtregie den Wahnsinn in Medeas Gesicht aufflackern. Laut wird das Pochen der Herzfrequenz hörbar, sobald sie eine neue Hiobsbotschaft vernimmt. In diesem intensiven Zusammenwirken von Lichteffekten, Klang, schlicht schwarzen Kostümen mit brachialen Insignien, reduzierter Bewegung entstehen lodernde Szenen, in denen die psychischen Prozesse explodieren, denen allerdings im Sprachduktus eine adäquate Weiterführung fehlt, wodurch die Wucht der Inszenierung immer wieder geschmälert wird.
Das männliche Umfeld, so klein auch die Rollen angelegt sind, geben indes eine kraftvolle Ansage vor. Stefan Lehnen überzeugt als weitsichtiger Kreon, der um seine Fehler der Milde weiß und genau wieder denselben macht, indem er Medea einen Tag Aufschub gewährt. Andreas Sigrists Jason oszilliert zwischen pragmatischem, durchaus nachvollziehbarem Ehrgeiz, klug analytischem Denken und lüsterner Gier. Knud Fehlauer (Ägeus, Chor) und Rudi Knauss (Erzieher, Chor) führen in ihren wenigen Sätzen diesen rhythmisierten Sprachduktus weiter.
Doch die stabile Welt der Männer bricht durch Medeas Rache zusammen und sie selbst auch. Beide landen im Reich der Schatten. Medeas große Geste, multipliziert als Schattenspiel in einem denkbaren Hades lässt offen, wer wen tötet und ob überhaupt. Dem Wahnsinn sind sie beide auf jeden Fall verfallen. Rache zerstört, ist die zeitlose Botschaft des griechischen Theaters.