©Michaela Schabel
In den letzten Jahren profilierte sich Landshuter Kunstverein immer durch starke Jahresausstellungen. Zur 55. Auflage erwartete man,…
natürlich noch eine Steigerung, zumal der Verein inzwischen fast 300 Mitglieder zählt. Von einer Jury wurden von 51 Meldungen 34 Künstler:innen mit 55 Arbeiten ausgewählt und zwei Gastkünstlerinnen mit Ausstellungen in den beiden Kabinetten bzw. der Pfeilerhalle. Die Arbeiten kommen zwar im Katalog sehr gut zur Wirkung, entwickeln aber in den Räumlichkeiten wenig Aura. Unter dem Motto „Kunst darf alles“ weicht das künstlerische Niveau teilweise auf, zumindest unter dem Aspekt von Können.
Umso mehr kommen die Arbeiten von älteren Künstler:innen des Kunstvereins durch ihre ganz spezifischen Handschriften zur Wirkung.Raimund Reiter zeigt durch eine Kreisform mit filigranen Farbstiftstrukturen die Welt trotz aller Abstraktion als vielschichtiges Narrativ. Wenn die Erde aus „Stroh“, so der Titel, besteht, ist das Inferno nicht mehr weit. Reizvoll ist die künstlerische Entwicklung von Stefanie Reiter. Sie bleibt der filigranen Kleingliedrigkeit ihrer Arbeiten treu, formiert aber jetzt die aquarellierten Minizeichen zu plastischen Gebilden, deren abstrakter Titel „All gen“ über die Phonetik zu reizvollen Sinnspielereien inspiriert. Christine Rieck-Sonntag zeigt an ihren expressiv erdfarbenen Penelope-Zyklus anbindend neue Arbeiten. Mit „Penelope wartet“ inklusive eines impulsiven Gedicht distanziert sie sich vom tradierten Mythos und lässt an Uberto Pasolinis Antikriegsfilm „Die Rückkehr nach Ithaka“ denken. Von unverwechselbar zart gefiederter Ästhetik zeigt Zita Habarta mit „PAC grass 1“ eine neue digital kreierte Edition. In der Farbradierung „Côte R I“ belebt Mario Schoßer atmosphärische Farbnuancen durch feine, lineare Strukturen. Fotograf Peter Litvai überrascht durch ein Triptychon, das partielle wie gemalt wirkt. Holz zum Möbelstück verarbeitet, kehrt als Sperrmüll wieder in die Natur zurück. Uta Haas bleibt ihren Raum-Stillleben treu, lässt aber titelgemäß „Das Wasser ruft“ oder „Frühstück mit Beeren“ mehr Farbintensität zu. Malerisch faszinierend ist Angelika Sieglers großformatiges Landschaftsbild. Von der Ferne figurativ durchstrukturiert verwandelt es sich aus der Nähe in eine abstrakte, atmosphärisch aufhellende Farbmalerei.
Die Skulpturen sind spärlich. Renatos Rill „Neue Form“, ein fragiles Objekt aus Wasserwaagen, Uli Schmids „Kaffeekränzchen“ und Valentin Goderbauers „Eams egal“ ironisieren traditionelle, gesellschaftlich verankerte Sichtweisen. Nikodemus Löffls “Floß X“ aus dunklem Mooreichenholz geht in die Tiefe, indem er das lebensbedrohliche Schicksal der Flüchtlinge auf dem Meer ins Bewusstsein holt.
Das pure Gegenteil ist die Ausstellung von Katharina Rudolph aus Augsburg. Mit lässig an der Wand befestigten Pop-up-Collagen auf Stadtplanausschnitten positioniert präsentiert sie als Dankeschön für ihren Berliner Aufenthalt Artist in Residence die Hommage „Berlin, Berlin!“ Dabei fokussiert sie sehr persönlich v. a. auf die großen Theater und Museen mit berühmten Ensembles und Kunstobjekten, besondere Inszenierungen und touristische Highlights. Alles zusammen wirkt wie eine schulische Projektarbeit im Fach Kunst.
Konzeptionell überzeugender sind die Arbeiten von Ilona Maria Amann aus Regensburg, in denen sie teilweise Malerei und Gewebe fusioniert. Amann kreist thematisch um die Mutter- und Kindbeziehung, wobei das Bild „Portal_3“ eine zentrale Stelle einnimmt. Der weite mütterliche Blick konzentriert sich auf ein kleines, rosafarbenes Quadrat im fernen Horizont, Symbol für das flügge Kind. Die Frauen kleidet sie verführerisch. Mit Stöckelschuhen und Flügeln bedient sie sich allerdings traditioneller Klischees, die inzwischen sehr in Frage gestellt werden. Ihr immersives Projekt „Immerwährende Briefe“ lädt Besucherinnen ein, einem Kind einen Brief zu schreiben. Amann zerschneidet diese Briefe, um daraus eine immer größer werdende Fläche als Sinnbild beschützender Mutterliege zu stricken.
Die 55. Jahresausstellung des Landshuter Kunstvereins ist noch bis zum 21. Dezember zu sehen.













