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Potsdam – „Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst“ – eine originelle Ausstellung im Museum Barberini

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Potsdam – „Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst“ – eine originelle Ausstellung im Museum Barberini

©Michaela Schabel

Nicht im Zoo, aber in der Kunst und Werbung ist das Einhorn präsent. Dieses magische Fabeltier wurde über Europa hinaus…

zum wichtigen Symbol von Unschuld und Reinheit, Unbezähmbarkeit und Freiheit, Schönheit und Zuneigung. Das Museum Barberini zeigt nun zum ersten Mal in einer beeindruckenden Ausstellung das „Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst“. Über 150 Exponate, davon 80 Leihgaben aus 16 verschiedenen Ländern, vorwiegend Gemälde, aber auch Tapisserien, Grafiken, Texte, Skulpturen und Videos dokumentieren den Mythos Einhorn, den das Museum Barberini kunstgeschichtlich erforscht. Die Ausstellung spannt den Bogen von der Antike bis in die Moderne, von plastischem Realismus bis zur abstrakten Farbfeldmalerei und lädt ein, Weltwissen, Projektionen und das Verhältnis von Naturwissenschaft und Kunst zu überdenken.

Der Besucher taucht ein in eine magische Bilderwelt. In abgedunkelten Räumen strahlt das weiße Einhorn in großen Porträts oder als kleines Detail in überbordenden Szenarien der Arche Noah und erlebt dabei in chronologischer Abfolge, wie das Einhorn für unterschiedlichste Zwecke vereinnahmt wurde. 

Seinen Ursprung hat der Einhorn-Mythos in Indien, von wo aus er sich nach China, dann über Persien und Ägypten nach Europa verbreitete. 

Von Gott nicht geschaffen galt das Einhorn als Symbol für Christus, weshalb es auf vielen Altarbildern gezeigt wurde. Zusammen mit der Mutter Gottes gemalt wurde es lange Zeit zum Symbol von Unschuld und Keuschheit. Im 15. Jahrhundert weitete sich die Darstellung des Einhorns vom religiösen Motiv auf die Frau und Mutter im Spannungsfeld von Jungfräulichkeit mütterliche Fürsorge und Verführung. Über das Einhorn wurde eheliche Treue und Triebbeherrschung eingefordert, wobei sich aus heutiger Zeit auch Doppeldeutigkeiten lesen lassen, je nachdem, in welche Richtung das Horn zielt. Zuweilen avancierte das Einhorn mit unterwürfigem Blick auf eine schöne Frau zur Allegorie der Frauenmacht. 

Interessant ist das Kapitel über die Bedeutung des Einhorns in der Heilkunde. Man glaubte, wer aus Gefäßen aus Einhorn trinke, sei gefeit gegen Kropf und Epilepsie. Pulverisiert galt das Einhorn-Horn als begehrtes Allheilmittel, weshalb sich viele Apotheken nach dem Einhorn benannten.

Erst im 17. Jahrhundert wurde der Einhorn-Mythos entzaubert, als Naturwissenschaftler die Herkunft des Horn als Zahn des Narwals beweisen konnten. Fürsten und wohlhabende Bürger sammelten trotzdem weiterhin für ihre Wunderkammern seltene Einhorn-Objekte oder -Plastiken, womit sie ihr Image pflegten. Anfang des 20. Jahrhunderts griff die Autoindustrie die Schnelligkeit des Einhorns als Werbemittel auf. Im 21. Jahrhundert wurde das Einhorn wegen seiner kämpferisch heldischen Qualitäten zum Symbol queerer Soldaten in der ukrainischen Armee. Noch immer garantiert das Einhorn durch seine ausgefallene Ästhetik besondere Aufmerksamkeit als Kuscheltier, in Filmen und als Werbelogo. 

Wie eine Wunderkammer wirkt auch die Ausstellung mit phantastischen, noch nie oder selten gesehenen Arbeiten, u. a. von Arnold Böcklin, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Angela Hampel, Rebecca Horn, René Magritte, Gustave Moreau, Aurélie Nemours, Olaf Nicolai, Joachim Sandrart, Marie Cécile Thijs und Maerten de Vos. 

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Musée de Cluny und der GrandPalaisRmn, Paris. Sie ist im Museum Barberini Potsdam bis 1. Februar 2026 zu sehen, dann im Musée de Cluny vom 13. März bis 12. Juli 2026 zu sehen. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen.