©Westend Verlag, 2025
„Warum die Welt besser ist, als wir denken“, untertitelt Axel Bojanowski sein Buch und ermöglicht…
im gegenwärtigen Mainstream-Pessimismus „33 erstaunliche Lichtblicke“. Er beschreibt nicht die Nachteile, sondern die Vorteile die der atemberaubende Fortschritt in den letzten 200 Jahren gebracht hat. Was als unmöglich galt, wurde möglich gemacht. Weltweit erfolgte eine Bildungs- und Wohlstandsverbesserung. Doch er modifiziert im selben Atemzug. Die Welt könnte noch viel besser sein. „Weder naiver Pessimismus noch naiver Optimismus“ ist angebracht.
In sieben Kapiteln strukturiert er seine optimistische Sicht auf die Welt und belegt sie mit einer Vielzahl von mehrfarbigen Diagrammen, ignoriert dabei aber auch wichtige nachteilige Konsequenzen.
Das „Leben“ hat sich bezüglich Wohlstand und Schulbildung für viele Menschen verbessert. Im Vergleich zum 18. und 19. Jahrhundert, wo fast alle Menschen in Autokratien lebten, entwickelte sich im 20. Jahrhundert der Aufstieg der Demokratien. Allerdings geht Bojanowski nicht auf das erneute Erstarken nationalistischer Führerpersönlichkeiten ein und ignoriert bei dem von ihm gepriesenen „unendlichen Ernte-Wunder“ in Indien die Kehrseite dieses Experiments, das nur die Reichen reicher machte und die Kleinbauern massenhaft in die Verschuldung und Schuldknechtschaft führte.
In der „Wirtschaft“ hat sich die Mär von den schwindenden Ressourcen, die der „Club of Rome“ in den 1970er Jahren apokalyptisch in Szene setzte nicht bewahrheitet. Am „Zauber der Waschmaschine“ demonstriert Bojanowski wie sich das Leben vor allem für die Frauen wesentlich erleichtert hat. Deutschland ist inzwischen Weltmeister in der „Work-Life-Balance“. Interessant ist die Schlussfolgerung, dass wir unter Berücksichtigung der Investitionen für die Produktionskosten der Waren, mit denen wir unser Leben ausstatten und gestalten, „alle schon Milliardäre“ sind. Trotzdem leben die glücklichsten Menschen nicht unbedingt in den reichsten Staaten. Glücklichsein hängt sehr stark von der Geschichte und Kultur unter Einbeziehung der Religion ab, womit er den Glücksstatus in den katholischen lateinamerikanischen Staaten nach der Entkolonialisierung erklärt, aber die Argumentation angesichts der eingeschränkten Beispiele überzeugt nicht wirklich.
Unbestritten sind die medizinischen Erfolgsgeschichten. Durch verbesserte Hygiene, Medikamente und Impfungen konnten viele Krankheiten ausgerottet werden. Sogar die Vernichtung des Guinea-Wurms steht kurz bevor.
Bezüglich der ständigen Problembereiche über „Wetter und Klima“ argumentiert Bojanowski statt mit Fatalismus mit sachlichen Gegenüberstellungen. Trotz des Ansteigens des Meeresspiegels nimmt sie Landfläche edes Jahr um rund einen Viertelmeter zu. Gut ein Viertel der niederländischen Staatsfläche mit einem Fünftel der Bevölkerung liegt unter dem Meeresspiegel. Hohe Deiche und Tore schützen das Land. Technisch können die Niederlande einen Anstieg des Meeresspiegels von 4 bis 5 Meter verkraften. Durch Sandablagerungen wird selbst Bangladesch trotz der jährlichen Überschwemmungen größer. Durch den Anbau von Getreidesorten, die Salzwasser besser vertragen, hat man durch die negativen Folgen der Hochwasser entschärft. Selbst die Inseln im Indik und Pazifik gewinnen trotz durch das Wachstum der Korallenriffe Landfläche. Auf der durch Sandaufschüttung künstlich geschaffenen maledivischen Insel Hulhumalé leben inzwischen 50 000 Menschen. „Nie war die Welt sicherer vor Wetterextremen“, weil die Wettervorhersagen sich wesentlich verbessert haben, Wirbelstürme, Hitze- und Forstperioden, Gewitterfronten, Starkregen und Überschwemmungen werden angekündigt. Dass die Schadensmeldungen letztendlich immer höher werden, liegt an der stärkeren Bevölkerungsdichte und der damit verbundenen Übersiedlung gefährdeter Gebiete, nicht zuletzt an dem immer wertvolleren Besitzstand. Das sind vom Menschen initiierte Ursachen. Sie dem Klimawandel zuzuordnen ist nicht korrekt.
„Wirtschaftswachstum macht die Natur sauber.“ Sobald die Menschen wohlhabend sind und sich keine Sorgen ums Überleben machen müssen, geht auch die Umweltzerstörung zurück, wofür der Autor die Bewaldung Europas heranzieht und die Umwandlung von Bergbaugebieten in Grünzonen wie im Ruhrgebiet oder Mittelsachsen. Immer wieder verursachen die Menschen große Probleme, bekommen sie aber wie beispielsweise durch das Ozonloch durch weltweites Umweltbewusstsein und Handeln, in diesem Fall durch das Produktions- und Verwendungsverbot von FCKW, wieder in den Griff.
Zunehmend schreibt sich Bojanowski regelrecht in eine Optimismus-Euphorie. Die „Tiere“ sterben nicht aus, Elefanten und europäische Wildtiere vermehren sich. Die Fischbestände in den Meere bleiben infolge des schnellen Anwachsens von Aguakulturen erhalten. Durch Entsalzung von Meerwasser werden Ozeane trinkbar. Auf die Nachteile unserer technischen Fastfood-Ernährung inklusive der damit einhergehenden Zivilisationskrankheiten geht Bojanwoski nicht ein. Er ist durch und durch Optimist. Das Glas ist immer halb voll. Er wehrt sich gegen den Tenor „Wir zerstören alles“ und selbst in der Nachkriegsstimmung, „wir können alles“.
Bojanowki hält wie Al Gore Handeln bei Problemen wichtig, lehnt aber dessen Panikmache ab und hält mit den Trick gegen apokalyptisches Denken des schwedischen Mediziners Sven Rowling dagegen. Es liegt am Leser seine Postion zwischen dem halb leeren und halb vollen Glas zu messen oder zu finden.
Axel Bojanowski diplomierte an der Universität Kiel über Klimaforschung. Seit 1997 arbeitet er als Wissenschaftsjournalist, u.a. für „Die Zeit“, „Nature“, „Geoscience“, „Geo“, „Stern“ und die „Süddeutsche Zeitung“. Er war Redakteur beim Spiegel“, dann Chefredakteur bei „Bild der Wissenschaft“ und „Natur“. Seit August 2020 ist er Chefreporter für Wissenschaft bei „Welt“. Fünf Bücher hat er bislang verfasst. Für seine publizistischen Leistungen hat ihn der Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler 2025 ausgezeichnet.
Axel Bojanowski: „33 erstaunliche Lichtblicke“, Westend Verlag, Neu-Isenburg, 2025, 191 S.