"Kultur macht glücklich"


Landshut – „ad lucem“ – Arbeiten von Georg Thumbach und Raimund Reiter in der Heiliggeistkirche

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Landshut – „ad lucem“ – Arbeiten von Georg Thumbach und Raimund Reiter in der Heiliggeistkirche

„Kernspaltung“, Georg Thumbach©Michaela Schabel

Eine außergewöhnliche Ausstellung präsentieren Georg Thumbach und Raimund Reiter in der Landshuter Heiliggeistkirche. Ihre jüngsten großformatigen Arbeiten der letzten beiden Jahre betonen die architektonischen Strukturen, kommen selbst bestens zur Wirkung und entwickeln…

interessante Narrative, wie die Kunst „ad lucem“, zum Licht kommt, sprich Erkenntnis vermittelt. Drei von Georg Thumbachs mehrere Meter hohen Holzskulpturen stehen hintereinander, genau auf der Mittelachse des Gewölbes. Zunächst versperrt ein über fünf Meter hoher, gespaltener Pappelstamm den Weg und lenkt den Blick nach oben. Als „Kernspaltung“ tituliert rücken der kreisförmige Wuchs der Pappel und ihren Wachstumslinien in den Mittelpunkt, zerklüftet und zerlegt ein Sinnbild der Umweltzerstörung durch den Klimawandel.

Darauf folgt die „Fusion“ mit einem Fichtenzwiesel in der Mitte des Kirchenschiffs. Verkohlte Oberflächen alternieren mit dem weißen, abgeschälten Holzkern zu einer bizarr, steil aufragenden „Fusion“. Natur überlebt Katastrophen, in diesem Kontext allerdings als Symbol für die sich auflösende fusionierende Kraft der Kirche interpretierbar. 

Einen halbierten, ausgehöhlten, innen geflämmten Fichtenstamm, von dem drei starke Holzscheiben stehen geblieben sind, vervollständigt Thumbach als „Anados“ (griechisch Aufstieg) seine symbolisch meditative Triade über den Umgang mit der Schöpfung. Die Außenhaut der Rinde, längst halbiert weist weit nach oben, vom eigentlichen Stamm sind nur noch drei kreisförmige Scheiben übrig. Das Gegenstück ist „Torsion“. Hier ist die Rindenhaut segmentiert, dazwischen wird der Stamm sichtbar, quadratisch gesägt mit Verweis auf die industrielle Funktionalisierung der Holzstämme. In „Anemos“ hängt ein zerklüfteter, teilweise gebrannter Apfelbaumstamm wie ein Tierkadaver in einem Stahlkubus. In „Chronos“, einer vertrockneten Fichte, visualisiert Thumbach die Zeit und in „Wirbel“ eröffnet er eine interessante Blickachse durch den Stamm in die Ferne einer rätselhaften Zukunft. 

Einzigartig sind Thumbachs großformatige Bilder. Er malt nicht mit dem Pinsel auf Papier oder Leinwand, sondern mit Stechbeitel und Schleifpapier oder der Kreissäge auf gebrannte Spanplatten, wobei ihm sehr plastische Waldszenarien in Brauntönen gelingen. Mit Kohle malt er impressionistisch wirkendes Blätterwerk auf Papier oder naturalistisch wild verschlungene Äste und winterdürre Waldausschnitte.

„ad lucem“ nähert sich Raimund Reiter auf ganz andere Weise. Inspiriert von der architektonischen Größe wählt er mit Reißkohle eingeschwärzte Großformate, in denen die Sujets wie früher bei analogen Fotografien in Umkehrfunktion hell aufleuchten.

Georg Thumbach und Raimund Reiter zeigen Arbeiten in der Landshuter Heiligeistkirche präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

„Untitled“, Raimund Reiter©Michaela Schabel

Entlang der Sockelleiste, vor allem durch die halbrunde Aufstellung in der Apsis kommen die Bilder bestens zur Wirkung. Von der Ferne wirken sie wie abstrakte Gemälde, von der Nähe betrachtet erkennt man die organischen Strukturen. Grell beleuchtete Gräser und verfilztes Dickicht vermitteln die energetische Schönheit der Natur, die er in unterschiedlichen Variationen in kleineren Formaten hinter Glas im Kabinett zeigt. Man muss sie nur entdecken, so die Botschaft beider Künstler an den Betrachter. Eine gelungene Ausstellung in jeder Beziehung. 

Die Ausstellung „ad lucem“ ist noch bis 17. August Di – So von 10:00 – 17:00 Uhr  in der Landshuter Heiliggeistkirche zu sehen.