"Kultur macht glücklich"


Bernhard Wengers Langfilmdebüt „Pfau – Bin ich echt?“ – eine gelungene Satire unseres designten Lebensstils

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Bernhard Wengers Langfilmdebüt  „Pfau – Bin ich echt?“ – eine gelungene Satire unseres designten Lebensstils

©Wild Brunch Germany, 2024

Ein Golfwagen brennt im Vorspann dekorativ ab. Die Brandlöscher wirken wie Helden im smarten Umfeld. Noch edler wird das Ambiente bei einem experimentellen Cellokonzert im eleganten Umfeld mit elitärem Small Talk. Sofort wird klar,…

hier geht es um die Haute Voleé, bzw. wer sich dafür hält, allerdings aus der Außenperspektive eines jungen Mannes, der nicht wirklich dazu gehört, sich aber als smarter Begleiter der Firma „Companion“ mit seinen verschiedenen Rollen derart identifiziert, dass er sein eigenes Ego verliert. Matthias wird zum Imitator eines bis ins kleinste Detail designten, absolut unterkühlt sterilen Lebensstils, den er privat noch übertrumpft, womit ihn seine kritische Freundin Sophia mit noch größeren Formaten persifliert und ihn schließlich verlässt, weil sie ihn nicht mehr fühlt. „Man muss loslassen, wenn es nicht mehr geht.“ Was Sophia gelingt, kann er noch nicht realisieren, es stürzt ihn aber in eine Sinnkrise. 

Albrecht Schuch spielt diesen jungen Mann überaus ernsthaft, mit charmanter Naivität. Doch seine Augen verraten die Last seiner Arbeit, die er bei der Übernahme eines neuen Auftrags verspürt. Durch seinen Perfektionsanspruch setzt er sich selbst ständig unter Druck. Burnout ist in Sicht. Aber auch wenn er manchen Auftrag verpatzt, ist er der Beste in der Firma und unersetzlich. Er bringt es sogar fertig, dass sich eine alte, unglücklich verheiratete Frau gegen ihren autoritären, cholerischen Mann wehrt, was zu allerhand Konfusionen führt und witzig ganz unterschiedliche Welten verknüpft. 

Die Situation eskaliert, als er als fingierter Sohn eines reichen Unternehmers eine Jubiläumsrede halten muss und anschließend nackt, ganz in Schlamm getaucht rebelliert. Als Kunstperformance gefeiert, gelingt es ihm sich von seiner Rolle freizuschwimmen. Eine Hommage an die Kunst und an die Kraft der eigenen Individualität.

Wengers Langfilmdebüt lebt von bissigen Dialogen, witzigen Überraschungseffekten in schneller, nicht ausgespielter Szenenfolge, dafür mit nachdenklich verharrenden Momenten, untermalt mit Kompositionen von Lukas Lauermann, und ganz stark von Albrecht Schuchs theatralischem Talent. 

Beim Filmfestival in Venedig 2024 wurde Wenger von der Filmkritik mit dem Premio Bisato d’oro für die beste Regie ausgezeichnet. „Pfau – Bin ich echt?“ ist ein ausgesprochen smart-satirischer Unterhaltungsfilm mit Potential zur Selbstreflexion und scharfem Blick auf die Leere hinter den designten Kulissen unseres Lebensstils.

Künstlerisches Team: Bernhard Wenger (Drehbuch, Regie), Albin Wildner (Kamera), Rupert Höller (Schnitt), Lukas Lauermann (Musik)

Mit: Albrecht Schuch, Julia Franz Richter, Anton Noori, Theresa Frostad Eggesbø, Salka Weber, Maria Hofstätter, Branko Samarovski u.a.