"Kultur macht glücklich"


München – „Jugendstil made in munich“ – in der Kunsthalle

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München – „Jugendstil made in munich“ – in der Kunsthalle

©Kunsthalle München, Foto: Michaela Schabel

Eine neue Kunst sollte das Leben durchdringen, und zwar bis ins kleinste Detail. Das war das Ziel des Jugendstils, eine Kunstrichtung…

die sich um 1900 in Wien, Prag und München entwickelte. Kunst sollte nicht um der Kunst willen, sondern überall im Alltag präsent sein und ein neues ästhetisches, naturorientiertes, weltoffenes Lebensgefühl vermitteln, wodurch sich die Parallelen zur heutigen Lebenssituation ergeben. Geschickt fokussiert die Kunsthalle München auf „Jugendstil made in munich“, ein Treffer für gekonntes städtisches Kunstmanagement in Kooperation mit dem Münchner Stadtmuseum. 

Während in England die Arts-and-Crafts-Bewegung und in Frankreich der Art nouveau bereits viel Beachtung fanden, mussten die deutschen KünstlerInnen sich auf der VII. Internationalen Kunstausstellung in München mit zwei kleinen Räumen begnügen, fanden aber beim Publikum durch ihre neuen Ideen, Reduktion von Form und Ornament, Auseinandersetzung mit der Natur und außereuropäischen Kulturen, trotzdem großen Anklang.

KünstlerInnen, die sich wie Richard Riemerschmid, Hermann Obrist oder Margerethe von Brauchitsch von historischen Vorbildern abwandten, bildeten die Grundlage für die Kunst und das Design für die Moderne. Ihre Kunst fand ihren Niederschlag in Gebrauchsgegenständen, in Möbeln, Geschirr und Schmuck, Lüstern und Kleidern, Gemälden, Skulpturen und Plakaten, wodurch München bezüglich der Interieurs zum bedeutsamsten Jugendstilzentrum im deutschsprachigen Raum avancierte. 

Die Faszination an der Natur entwickelte sich als Gegenbewegung zur Industrialisierung und Verstädterung, den engen, zunehmend unhygienischen und armen Lebensverhältnissen, nicht zuletzt durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Nach einer Phase floral verspielter Kunst setzte sich schnell eine Stilisierung und Beruhigung der Form durch. Märchen, Mythen und Sagen über Bilder transponiert halfen in der Hoffnung auf ein Happyend die Herausforderungen des Alltags besser zu meistern. Kunst aus fernen Ländern wurde sehr beliebt inklusive der damit verbundenen Klischees. Man schätzte die handwerkliche Qualität und nutzte den neuen Kunsttrend für eine geschickte Vermarktung von Alltagsprodukten, ohne sich über rassistische Übergriffe Gedanken zu machen.

Für die Ausstellung „Jugendstil made in munich“ verwandelt sich die Kunsthalle München in eine Wohnlandschaft, deren Räume über natürliche Farben, insbesondere warmbraune Töne, eigens eingezogene Bogenstrukturen und Podeste das Lebensgefühl im Jugendstil vermitteln. Zwischen intimem Wohnambiente und Festsaal fusionieren die Räumlichkeiten zu einer innenarchitektonischen Jugendstil-Harmonie, wobei in jedem Raum auf besondere Details fokussiert wird. 

Ausstellung "Jugendstil made in munich" in der Kunsthalle München präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Kunsthalle München, Foto: Michaela Schabel

Die bestickten Textilien von Hermann Obrist, die er 1896 zum ersten Mal ausstellte, waren ein absolutes Novum. Er ahmte Natur nicht biologisch nach, sondern belebte sie, indem er ihre Form und Bewegung zum Ausdruck brachte, was durch ein Video über den Stickprozess sehr eindrucksvoll vermittelt wird.

Bei den Möbeln bestechen exotische Materialien, kunstvolle Verarbeitung, organische Formen, florale Verzierungen, geschwungene Beine und auffällige Rücklehnen. Heute noch wirken diese Möbel sehr elegant, aber auch schwer und voluminös.

Im großen Ausstellungsraum funkeln entlang einer gigantischen Tafel Prunkstücke der Handwerkskunst festlich. Verschiedene, frei schwebende Stühle, von Riemerschmid als Kunstinstallation für die Weltausstellung 1900 in Paris entwickelt, rücken die Leichtigkeit des Lebens als Kontrast zu den schweren Kommoden und Tischen in den Mittelpunkt.

Der letzte Raum offeriert die Bedeutung des Jugendstils im zeitgenössischen Design, wo die Grundsätze dieser Epoche bezüglich hochwertiger Materialien, Nachhaltigkeit, schonenden Umgangs mit den Ressourcen wieder Beachtung finden, allerdings reduziert auf einen Künstler. Bodo Sperlein, ein in Bayern geborener, in München und London tätiger Künstler, transponiert die schwungvolle Formensprache des Jugendstils in seinen Möbeln in die Gegenwart.

„Jugendstil made in munich“ ist in der Kunsthalle München noch bis 23.03.2025 zu sehen.