Der Dokumentationsfilm „Erde“ zeigt in jeder Sequenz eine andere Wunde in der Natur. „Es ist, was es ist“, die Zerstörung der Natur. Die Argumente sind bekannt, mehr Lebensraum für die anwachsende Weltbevölkerung, mehr Rohstoffe für die ökonomische Effektivität nach dem Prinzip des immer Mehr.
Insofern bringt der Film thematisch keine Neuigkeiten, zumal die Interviews ziemlich langatmig wirken und ohne Beispiele aus Lateinamerika, Afrika und Asien die turbokapitalistische Ausbeutung der Menschen als wichtiger Aspekt.
Die Szenen ähneln sich, egal ob bei den Riesenplanierungen für eine Stadt und neue Straßensysteme in Kalifornien, Kupferabbau am Rio Tinto in Spanien, Braunkohleabbau in Ungarn. Wie mächtig und gefährlich Gestein ist vermittelt der italienische Marmorabbau in Carrera, der Tunnelbau unter dem Brenner. Die Natur ist immer stärker und nie ganz berechenbar. Das zeigen die Risse im Assen, acht Kilometer vom deutschen Wolffenbüttel entfernt, wo die Lagerung der radioaktiven Stoffen in ehemaligen Salzstöcken lange nicht so sicher ist, wie man ursprünglich versicherte.
Die Nachfahren der kanadischen Ureinwohner zeigen die Reste der einstigen Siegeszuges der Industrialisierung, rostige Anlagen, verfallene Häuser, schmutziger Wasser und zerstörte Wälder.
Subtil ironisiert Nikolaus Geyhalter durch nationale Facetten den Heroismus technischer Superlative. Imperialistisch und gleichsam sehr lächerlich wirkt die US-Fahne auf der kalifornischen Planierraupe. Mit Blasorchester wird der Beginn des Tunnelbaus zur Groteske. In Ungarn zeigt man die millionenalten Zypressen im Museum und zerstört gleichzeitig die Natur rigoros. Während überall Männer interviewt werden, darf im emanzipierten Deutschland wechselweise die Lagerung der radioaktiven Fässer erklären.
Nikolaus Geyhalter überlässt den interviewten Arbeitern das Resümee.
©Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion
Sie, die täglich an der Naturfront arbeiten, müssen es wissen. Ihre Antworten spiegeln das breite Spektrum zwischen Selbstironie, Respekt vor der Natur und Resignation vor der Beschränktheit der Menschheit.
Die Menschen verändern sich nur äußerlich. Sie verfetten wie ein kalifornischer Baggerfahrer selbstironisch erklärt. Im XXXXL-Format passt er gerade noch in die Kabine. Insgesamt lernen die Menschen nichts dazu, so der spanische Interviewpartner mit Affinität zur Archäologie. Die Menschen sind ohnehin nur ein kleines Zwischenspiel auf der Welt.
Michaela Schabel