Das ehrgeizige Projekt „Momo“ (1973) mit einer Opernuraufführung im Münchner Gärtnerplatztheater jetzt endlich als Bühnenhit ins Bewusstsein zu bringen, treffsicher in die hektische Weihnachtszeit konzipiert, ist gelungen.Das liegt in erster Linie an den großartigen Bühnenbildern (Karl Fehringer, Judith Leikauf). Momos Amphitheater vergrößert sich in eine antike Ruinenstadt, die den Bogen von Einst in die zerstörten Städte unserer Tage spannt. Ein freischwebender Bogen beschwört den Zauber verlorener Poesie herauf. Im Spiel der Kinder wandeln sich die Ruinen durch Videoprojektionen zum Schiff auf dem Meer. Hebt sich die Bühne verortet sich die Unterwelt der Zeitdiebe im Kanalsystem der Städte, dreht sie sich, wandelt sich die Realität nahtlos in das mysteriöse Reich Meister Horas mit dem riesigen Zeitpendel und einer ebenso riesigen Stundenblume.
©Christian POPO Zach
Der Kontrast zwischen Hektik und Muse, Unterdrückung und Freiheit, wird auch zum Hauptmotiv von Wolfgang Adenbergs Dramatisierung und Wilfried Hillers musikalischen Konzept. In den Melodien für kleines Orchester, vor allem der Streicher, dem Oboensolo aus der Loge und vielfältigen Perkussionsinstrumente entfalten sich die poetischen Momente in der Natur und der menschlichen Sehnsüchte. Die wuchtigen Perkussionsinstrumente und Kontrabässe machen Druck und Hektik hörbar. Durchwirkt von schrillen Koloraturarien, dem Chor der Zeitdiebe mit den Soli Ilia Staple als Chefin allen voran bekommt in erster Linie das Böse einen expressiven Klang. Gigi als glitzernder Schnulzenstar (Maximilian Mayer) offeriert parodistisch die Hohlheit platter Unterhaltungsmusik.
Ansonsten bleiben Gesangspassagen durch den ständigen Wechsel mit Sprechszenen bewusst reduziert. Beides immer übertitelt, erleichtert vor allem den jungen Besuchern, die „Momo“ nicht kennen, das Verständnis. Rollenadäquat singt Momo nicht. Mit Anna Woll bleibt Momo ein quirliges nettes und mutiges Mädchen, das gut zuhören kann und Kasseopeia, von Ina Bures sehr empathisch gespielt, vertraut. Auf deren Panzer kann Momo lesen, was zu tun ist. Den Rest erklärt ihr Meister Hora, Matteo Carvone in wenigen Sätzen und seinen Tanz zwischen hektischen Gezappel und gelassenen Bewegungsfolgen aus Yoga und Tai chi, womit Choreografin Roberta Pisu den Geschmack der Kinder trifft. „Das ist mal ganz was anderes, richtig cool.“
Michaela Schabel
Wieder 28. Dezember und im Januar im Gärtnerplatztheater. Karten von 8 bis 65 Euro online oder unter Telefon 21851920