Applausszene©Michaela Schabel
Die Gala präsentierte die historische und künstlerische Entwicklung der Komischen Oper in einer ausgesprochen gelungenen Mischung von Filmdokumenten, Interviews, Bonmots kombiniert mit Ausschnitten aus originellen Inszenierungen und Slapstickeinlagen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier höchstpersönlich würdigte in seiner gleichzeitig heiteren und nachdenklichen Rede den Geist des Hauses, der einmal mehr zeigt, dass in Zeiten, wo Vergangenheit nur Angst und Bedrohung bedeutete und die Zukunft vage war. Die Komische Oper als Ort „von Humor, Witz und Leichtigkeit, von Anmut und Schönheit“ viel mehr als Zerstreuung bedeutete. Sie war und ist ein Ort der Freude und Zuversicht, ein „hochklassiges Musiktheater“, das den Geist erfrischt und den Willen zur Erneuerung stärkt. Die Komische Oper wurde als ganz besondere Spielstätte sofort von den Menschen ins Herz geschlossen, denn sie erzählt vom real individuellen Menschen, manchmal ist das zum Weinen, manchmal zum Lachen. Manche Inszenierung ging um die Welt und ermöglichte gerade zu DDR-Zeiten künstlerische Freiräume, die anderswo nicht möglich waren.
Mit der Ouvertüre der „Fledermaus“ zur historischen Dokumentation zu Beginn bis dem final glitzernden Tutti „Im Feuerstrom der Reben“ ebenfalls aus der „Fledermaus“ wurde der Bogen der künstlerischen Entwicklung und die wechselvolle Geschichte der Komischen Oper über 75 Jahre hinweg voller Esprit lebendig. Durch klug collagierte Live-Interviews mit Intendanten und Politikern kristallisierte sich wie in einem Puzzle immer präziser die Qualität der Komischen Oper heraus geprägt von ungeheurer Innovationskraft, künstlerischer Qualität und unterhaltsam als Theater für alle Menschen in Ost und West.
Der erste Intendant Walter Felsenstein (1947 – 1975) hätte das Wiener Burgtheater haben können, aber er ging nach Berlin. Er hatte ein klare Vorstellung vom sängerischen Darsteller als schöpferischer, individueller, vor allem authentischer Gestalter. SängerInnen und TänzerInnen mussten auch gute SchauspielerInnen sein, die wie die Musik die Seele der Zuschauer berühren sollten und genau dieses Prinzip wurde während der Gala live über Sequenzen aus Operetten, Opern und Musical eindrucksvoll deutlich. Felsenstein spiegelte seine kritischen Wahrnehmungen mit Schalk in den Proben. Von seinem kleinen Appartement in der Oper über eine Türe mit Blick zur Bühne überprüfte er als legendärer „Felsenstein vom Adlerhorst“ aus die Qualität der Vorstellungen auch noch nach der Premiere mit entsprechenden Rückmeldungen. Er war schon „sehr streng und … speziell“, so sein Sohn.
Felsensteins Chefregisseur und späterer Nachfolger Harry Kupfer (1981 – 2002) entwickelte dessen realistisches Musiktheater entlang der zeithistorischen und aktuell zeitpolitischen Zusammenhänge weiter. Diesen Stil akzentuierten Andreas Homoki (2004-2012) und Barrie Kosky (2012-2022) auf ihre Weise neu. Immer wieder sorgten sie mutig für Überraschungen, indem sie wagten das Noch-nie-Gezeigte auf die Bühne zu bringen und das Publikum für neue Interpretationen und Optiken zu begeistern. Barrie Kosky entdeckte darüber hinaus die Jazz-Operette und jüdische Musikwerke. Mit extremen Parodien, zuweilen mit Masken, oft mit viel Glitzer und durch seine herzliche Willkommenskultur begeisterte er das Publikum.
Das neue Intendantenduo Susanne Moser und Philip Bröking strahlt. Nach dem Einstandsjahr gilt es zwar nun gleich den Umzug ins Schillertheater zu bewältigen, doch die Vision von der „sanierten, modernen“ Komischen Oper ist schon als genehmigtes Modell real. Die Vorstellung, dass künftig die Berliner und Touristen Unter den Linden flanieren, im Opern-Café den Blick auf das Brandenburger Tor genießen und dann gleich noch Karten für die Abendvorstellung kaufen, gibt Energie.
Mit Sekt, Geburtstagstorte und Tanzparty für alle wurde der 75-jährige Geburtstag der Komischen Oper gebührend im Anschluss an die Gala gefeiert.
©Michaela Schabel
Candida Höfer, die die umfassende Sanierung der Komischen Oper Berlin fotografisch dokumentiert, hat drei Motive als Editionen je 50 Stück plus 6 Künstlerexemplare als Erinnerung an das Haus vor der Sanierung zusammengestellt, signiert und nummeriert. Eine Edition kostet 1070 €, für Förderkreis-Mitglieder 900 €.